Frankfurt am Main, in jenem September ...
Werte Besucher!
Eigentlich sollte an dieser Stelle eine
journalistisch veredelte Mitteilung als Antwort auf die Frage platziert werden,
wie und warum es zur Gründung des Thoni Verlags kam. Das Problem: Ein Reporter
mit dem nomen est omen Rudi Ratlos von der örtlichen Tageszeitung NNB (Neues
Nachrichtenblatt) hat das Interview mit dem Verleger versaubeutelt. Und
jetzt erscheint nix in der Presse, und wäre der Chronist nicht zufällig in
Hörweite des Geschehens gewesen, wäre dieses überaus wichtige Ereignis der
Menschheit wohl für immer verborgen geblieben.
DAS INTERVIEW.
FRAGE NNB: Sie haben jüngst den Thoni-Verlag gegründet ...
DER VERLEGER: Gegründet ist gut. Ich bin zum Gewerbeamt, hab ein Formular ausgefüllt und 15 Euronen auf den Tisch geblättert. Das war`s.
NNB: Und warum haben Sie das getan?
DER VERLEGER: Ich hatte 15 Euro übrig.
NNB: Ich nehme Sie ernst. Sie sollten mich auch ernstnehmen.
DER VERLEGER: Das ist ein verdammt ernstes Geschäft, ja. Also: Ich habe einen Verlag gegründet, weil ich keine Bücher verlegen will.
NNB: Häh?
DER VERLEGER: Thoni - der Verlag ohne
Bücher. Das ist mein verlegerisches Selbstverständnis. Eine
Herausforderung. Meine Philosophie. Ich werde das kontinuierlich entwickeln und
ausbauen.
NNB: Sie wollen mich verscheißern, oder?
DER VERLEGER: Na, das ist jetzt aber off
records, mein Lieber, hm? Aber um bei Ihrer Formulierung zu bleiben:
Verscheißert fühle ich mich! Oder besser gesagt, mein Freund Bertram
Buchmann, der heißt nämlich nicht nur so, sondern ist tatsächlich Buchhändler.
Der hat den kleinen Laden vorn an der Ecke. Vielleicht waren Sie schon mal drin?
Nein? Sei`s drum. Berti wird jedenfalls mindestens zweimal pro Jahr von
Büchertsunamis heimgesucht, und dann muss er sie irgendwohin stapeln, diese
wogenden Massen aus kreischbunter Pappe und Papier, aber im tiefsten Inneren
seiner Buchhändlerseele mag er keine kreischbunten Bücherstapel, vor allem, wenn
der Inhalt einen Monat lang hipp, und im nächsten schon wieder hopp ist. Da muss
er nämlich ständig umräumen. Und dann schwitzt er und kriegt Pickel. Und das
juckt und sieht doof aus. Und da hab ich zu ihm gesagt, Berti, hab ich gesagt,
meckern kann jeder! Aber ich bin dein Freund, ich helf dir. Und was soll ich
sagen? Berti findet mein Verlagsprogramm klasse! Da muss er nämlich null Minuten
überlegen, auf welchen Stapel er die Neuerscheinungen legen soll, und jetzt hat
er endlich mal wieder Zeit, mit mir ein Bier trinken zu gehen.
NNB: Und warum, in drei Teufels Namen, müssen Sie dafür einen Verlag gründen?
DER VERLEGER: Ich hatte 15 Euro übrig.
NNB: (läuft schreiend davon) Diesen Quark druckt mir doch keiner! Nicht mal online!
DER VERLEGER: (grinst) Der ist neugierig. Der kommt wieder. Wetten?
Fortsetzung folgt ...
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