... Manchmal laufen die Dinge anders, als man es plant ;) Ich wollte eigentlich noch mit einer Überraschung aufwarten, sozusagen als Auftakt zum Jahr, aber die Verkündung (das Tun ist schon getan) muss noch ein bisschen warten, und an meine Schreibstube hänge ich mal den Zettel: Bin bald wieder da!!
Eure Nikola
Montag, 14. Januar 2013
Freitag, 11. Januar 2013
Weg mit dem Neger!
Beim Lesen gibt es verschiedene emotionale Zustände. Bei der Ankündigung des Thienemann Verlags, der "kleinen Hexe" von Otfried Preußler sprachlich auf den Besen zu rücken, blieb mir dann doch die Spucke weg. Ja! Aber sicher kann man veröffentlichte Werke sprachlich anpassen, überarbeiten, neu ausrichten. Hab ich gerade bei meinem Roman sehr exzessiv gemacht. Aber die Frage ist doch, WARUM man das tut. Dem Leser zum Nutzen? Daran habe ich in diesem Fall doch Zweifel. Ich schreibe recht wenige Leserkommentare, aber nach dem Lesen des Beitrags in der Wirtschaftswoche hat es mich in den Fingern gejuckt:
Ich schlage vor, aus allen Klassikern Begriffe wie
Schreibmaschine, Postkutsche und Ähnliches zu entfernen. Man kann damit Kinder
verwirren, denn sie wissen ja mit diesen Begriffen nichts anzufangen. Wären die
Erklärungen der Verantwortlichen nicht so entlarvend, könnte man das Ganze als
normalen Vorgang abtun: Sprache verändert sich, und um das auszudrücken, was
der oder die Autorin gemeint hat, kann es tatsächlich erforderlich sein, auch
Wörter zu ändern. Aber man kann es auch übertreiben! Das Schöne an der Sprache
ist, dass man damit spielen kann. Hier aber wird nicht gespielt, nicht mal
augenzwinkernd akzeptiert, dass früher die Zeiten andere waren. Dass man
darüber reden kann und sollte, wie sich die Welt verändert hat. Beim Lesen des
Verlagsstatements kamen mir die Tränen. Ich weiß nur nicht, ob vor Trauer oder
Scham. Die Stimme der Leser zählt nicht mehr. Wir wollen das und wir machen
das. Basta. Kennt man irgendwoher.
Das musste einfach sein!
Und hier sind die Links für Interessierte:
Wirtschaftswoche (Kommentar), vom 10.1.2013
Boersenblatt, Kommentar: Der Preis der Unverfänglichkeit, 8.1.2013
Boersenblatt, Kommentar: Der Preis der Unverfänglichkeit, 8.1.2013
Eine Schachtel Alltag - Mühlengespräche mit Nikola Hahn (3)
Thoni Verlag: Es geht nicht nur um Wörter und Bilder in Ihrem Roman,
sondern auch leibliche Genüsse spielen eine große Rolle ...
Nikola
Hahn: Allerdings. Essen ist etwas
Wunderbares! Und gemeinsam zu essen eines jener Rituale, deren Verschwinden ich
sehr bedaure. Meine Eltern haben beide gearbeitet, aber mindestens eine, oft
zwei Mahlzeiten am Tag, wurden von allen gemeinsam eingenommen, das Frühstück
und das Abendessen. Am Wochenende natürlich auch das Mittagessen. Für ein
gemeinsames Frühstück stehen mein Mann und ich noch heute jeden Morgen extra
eine halbe Stunde früher auf.
Thoni: Um perfekte Eier zu kochen?
N.H. (grinst): Auch, ja. Was zugegebenermaßen nicht immer gelingt. Im
Ernst: Ich finde, es gibt nichts Traurigeres als alleine zu essen. Essen und
Kommunikation gehören für mich unbedingt zusammen. Als Schriftstellerin kann
ich damit natürlich herrlich spielen: Dass der Roman mit einem Frühstück
anfängt und endet, ist ebensowenig ein Zufall wie das Scheitern der perfekt
geplanten Dinners, mit denen Wolfgang Hedi rumzukriegen versucht. Und dass ein
zugelaufener Kater nicht nur den Weihnachtsbraten, sondern für Hedi das ganze
Fest verdirbt, mag für den Leser ein Grund zum Schmunzeln sein, für die
Geschichte ist es nur folgerichtig: Hedis Leben ist längst aus den Fugen.
Thoni: Darf man nach alldem davon ausgehen, dass auch der
Schauplatz der alten Mühle kein zufällig gewählter ist?
N.H.: Abgesehen davon, dass ich eine Vorliebe für alte Gehöfte
und den Odenwald habe, war es für mich in der Tat reizvoll, den, wie Vivienne
es ausdrückt, Antagonismus eines solchen Ortes mit meiner Geschichte zu
verweben. Ich habe mich dabei der Worte Hermann Glasers bedient, die ich
Vivienne in den Mund lege: Die Mühle ist
ein Urbild unserer Existenz, da uns das
Leben in seiner organischen Verbindung fasslich entgegentritt. Sie ist Sehnsucht nach Heimat, Gleichnis des
Doppelten: Topos der Antinomie. Dieses Bild
zu übersetzen in die Schicksale der Menschen, aber auch in die Sprache der
Kunst und Literatur, war für mich als Schriftstellerin eine erfüllende Aufgabe,
die ich jetzt in der Überarbeitung erst so richtig ausleben konnte.
Thoni: Was sich unter anderem in den ausführlichen Quellen- und
Zitatangaben spiegelt.
N.H.: Als recht schwierig erwies es sich, meine in der
Erstfassung versteckten Zitate wiederzufinden, zuzuordnen und sie noch besser
zu pointieren. Ich hätte das gern vor dreizehn Jahren schon so gemacht, aber
damals gelang es mir lediglich, eine eher subtile Anspielung auf mein Sujet
Sprache unterzubringen: meine Zeichnung Worte.
Wahrscheinlich haben sich viele Leser
gefragt, was das bedeuten sollte. (grinst)
Jetzt wissen sie’s. Übrigens stammt
auch diese Zeichnung aus meiner polizeilichen Vergangenheit und ist deshalb,
ebenso wie die doppelgesichtige Prinzessin,
in Die
Startbahn publiziert. Für die eBook-Ausgabe
der Wassermühle habe ich erstmals den Versuch gewagt, meine im Roman
verwendeten Zitate im Anhang nicht nur im Kontext zu belegen, sondern sie auch
zu illustrieren und mit dem Romantext zu verlinken. Wer mag, kann nach dem Ende
der fiktiven Geschichte eine zweite Reise in die Welt der Literatur und Kunst
unternehmen.
Thoni: Sie erzählen aber nicht nur von der Macht der Sprache,
sondern auch von der Bedeutung der Liebe. Ist Die Wassermühle
also in Wahrheit ein Liebesroman?
N.H.: Jein. Der Liebesroman, wie man ihn im Allgemeinen
versteht, ist ja eigentlich kein Roman über die Liebe, sondern über das
Verliebtsein, also die erste Phase auf dem Weg zur Liebe. Erzählt wird in der
Regel, welche Klippen die Protagonisten umschiffen müssen, um sich als Paar zu
finden. Für einen Liebesroman in diesem Sinne ist Die Wassermühle zu
wenig auf die beiden Hauptpersonen fokussiert, also Hedi und Klaus. Ich wollte
mehr als das übliche Schema aus Konflikt, Versöhnung, Wolke sieben. Es ging mir
darum, das Leben von zwei Menschen zu erzählen, die einmal sehr verliebt
ineinander waren, die ihr Schicksal gemeistert, sich dann aber
auseinandergelebt und im Alltag verloren haben. Sie verstehen einander nicht
mehr, hören sich nicht mehr zu, werden im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos.
Was bleibt, ist das Gedankenalbum der Erinnerung, traurige, fröhliche und
sehnsuchtsvolle Bilder von gemeinsam Erlebtem, beispielsweise das Lustige Offenbacher Steineraten, mit dem es Klaus einst gelang, seine junge Frau aus
ihrer Depression zu reißen. Als Schriftstellerin spüre ich der Frage nach, was
eigentlich geschehen ist zwischen den beiden, warum es so schwer ist, dass sie
sich wiederfinden, und warum der Alltag für beide plötzlich doch wieder
beglückend ist. Es hat nicht nur mit ihren gemeinsamen Erinnerungen zu tun,
sondern auch mit dem Gefühl der Vertrautheit und der Dankbarkeit einem Menschen
gegenüber, mit dem man lange und, insgesamt gesehen, glücklich und zufrieden
leben durfte. Sicher gehört dazu auch die Erkenntnis, dass niemand perfekt ist,
und dass Liebe etwas damit zu tun hat, den anderen wirklich anzunehmen.
Manchmal genügt es schon, einfach den Blick auf die Dinge zu ändern. Der erste
und (vor-)letzte Satz des Romans zeugen davon.
Thoni: Unter der Überschrift Statt eines Epilogs. Bonbons aus meiner Briefpost haben Sie der Erstausgabe ein Nachwort angehängt, das
auch die wechselvolle Geschichte des Manuskripts nachzeichnet ...
N.H. (schmunzelt): Ja, meine Wassermühle hatte
es nicht leicht. Aber wie ich schon sagte: Es ist fantastisch, was man mit
Sprache alles machen kann. Und wie entlarvend so mancher vorgeblich bedeutsame
Satz klingt, wenn man ihn in einen neuen Zusammenhang stellt. Die positiven
Zitate aus diesem Absagensammelsurium stammen übrigens von dem leider viel zu
früh verstorbenen Verleger Dr. Karl Blessing, der mir die schönste Absage
schrieb, die ich je bekommen habe. Sie schloss mit dem Wunsch, meinem
Manuskript, das leider in das Verlagsprogramm seines damals noch jungen
Verlages nicht hineinpasste, dennoch einmal in gedruckter Form
wiederzubegegnen. Den Wunsch konnte ich ihm erfüllen. Nachdem der Roman vor dreizehn
Jahren erschienen war, habe ich ihm umgehend ein Exemplar zukommen lassen.
Thoni: Er hat es hoffentlich mit Vergnügen gelesen. Vielen Dank für das Gespräch.
Nikola Hahn & Thoni Verlag,
Rödermark, Januar 2013
Donnerstag, 10. Januar 2013
Eine Schachtel Alltag - Mühlengespräche mit Nikola Hahn (2)
Thoni Verlag: Im Vorwort Ihres Romans schreiben Sie, dass Personen und
Handlung erfunden sind, die Details dem einen oder anderen aber bekannt
vorkommen könnten. Sind damit nur die von Ihnen geschilderten Erlebnisse gemeint, oder haben Sie
auch reale Personen in Ihren Roman „eingebaut“?
Nikola
Hahn: Ich hatte keinerlei Interesse, einen
„Schlüsselroman“ zu schreiben. Bei meinen Protagonisten handelt es sich
ausschließlich um sogenannte „Gemengepersönlichkeiten“, von einer Ausnahme
abgesehen: Kommissar Kunze und seine berühmte Teekanne haben wirklich
existiert. Er ist zwar längst pensioniert, aber wer jemals mit ihm gearbeitet
hat, weiß beim Lesen sofort, wer gemeint ist. Alle anderen Personen haben keine
„Originalvorlage“: Klaus und Uli habe ich beispielsweise viele Erfahrungen
zugeschrieben, die ich mit älteren Kollegen gemacht habe, sogenannte
Bärenführer, von denen ich viel lernen durfte. Die Unsicherheit, aber auch der
Eifer, mit denen Dagmar in ihren Beruf startet, spiegeln zum Großteil meine
Gefühle als junge Polizistin wider. Was das Privatleben angeht, habe ich
biografisch mit ihr dagegen nichts gemein.
Bei der
Beschreibung von Hedis Alltag im Krankenhaus und später als Gemeindeschwester,
habe ich auf die Erzählungen meiner Mutter zurückgegriffen, die viele Jahre
lang als Hilfsschwester im Krankenhaus und in der Altenpflege gearbeitet hat.
Ellis Bücherschatz auf dem Dachboden spiegelt meine Vorliebe für Gedrucktes
aller Art; auch in meiner Bibliothek stapeln sich die Bücher in Zweierreihen,
und wie Elli habe ich mir den großen Wunsch erfüllt, eine Druckausgabe des Grimm zu besitzen.
Teile aus dem
„Künstlerleben“ Viviennes, vor allem die überdrehte Sprache gewisser Leute, die
sich in dieser Szene bewegen, sind mir aus eigenem Erleben bekannt; ich arbeite
ja nicht nur selbst als bildende Künstlerin, sondern habe auch, allerdings in
sehr kleinem und regionalem Rahmen, Ausstellungen organisiert beziehungsweise
daran teilgenommen. Für die Neubearbeitung des Romans kam mir außerdem zupass,
dass mein Mann mit Bekannten vier Jahre lang das Künstler-Café Mocca betrieb,
in dem wir regelmäßig Ausstellungen und Lesungen abhielten. Neben dem Kästchen
mit den polizeilichen Stilblüten stand übrigens ein zweites mit „schriftlichen
Sammlungen“ über Kunst und Kultur, die ich Vivienne und Galerist Wolfgang
Bernsdorf überlassen habe. Ganz ehrlich: Manchmal wusste ich nicht, über welche
Inhalte ich mehr lachen sollte.
Thoni: Trotzdem missbrauchen Sie Vivienne nicht als
Klamaukfigur.
N.H.: Wie auch? Sie ist zwar von ihrer Persönlichkeit her
etwas seltsam, aber nichtsdestotrotz eine ernst zu nehmende Künstlerin. Leider
bedient sie nicht das Bedürfnis einer Szene, die ständig das Besondere sucht,
wie es Galerist Bernsdorf so hübsch formuliert. Dass ihre Bilder dann doch
Erfolg haben, ist nicht nur dem Zufall und Hedis Flunkerkunst, sondern vor
allem dem Umstand geschuldet, dass sie an die richtigen Kontakte kommt.
Plötzlich sind auch ihre anderen Bilder interessant - zu
Recht. Auch wenn ihre Ausführungen zur Bedeutung von Form und Farbe in den
Ohren pragmatischer Menschen wie Klaus und Hedi verschroben klingen mögen, sind
sie doch das Ergebnis einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit der Frage, was
Kunst überhaupt ist. Gleichwohl erlaube ich mir, die Auswüchse „moderner
Kunstliebhaberei“ vergnüglich durch den Kakao zu ziehen. Die kleine
Ausstellungsführung außer der Reihe, die Hedi im Heidelberger Schloss
veranstaltet, hat es übrigens tatsächlich gegeben, wenn auch an einem anderen
Ort. Darauf hereingefallen sind die Leute hier wie dort.
Thoni: Und was ist aus Herrn Renzullos Stein geworden?
N.H.:
Das ist eine derjenigen Szenen, die die
Aktualisierung des Romans überlebt haben, obwohl sie in der Realität keinen Bezugspunkt
mehr haben. Der Stein steht schon seit vielen Jahren nicht mehr auf diesem
Parkplatz. Ende der 1990er Jahre erschien ein Artikel in der Tageszeitung Offenbach-Post, der
mich zu der entsprechenden Szene im Roman inspirierte. Den Polizeieinsatz hat es
so nicht gegeben. Umso realer war indes jenes mir unvergessliche Erlebnis, das
ich auf einer Lesung in Offenbach hatte: Kommt ein Herr auf mich zu und sagt,
dass er doch mal sehen wolle, wer das Buch geschrieben habe, in dem er samt
seinem Kunstwerk vorkomme. Wie es sich herausstellte, hatte mich Herr Renzullo
höchstpersönlich beehrt. Wir haben beide herzhaft gelacht. Ganz bestimmt wird
Renzullos Stein auch künftig einen festen Platz in der Wassermühle haben. Provokation Räume:
Das ist einfach zeitlos köstlich!
Thoni: Sie sagten anfangs, Die Wassermühle sei
ein zeitgenössischer Roman. Also nur Unterhaltung? Oder haben Sie auch eine
Botschaft?
N.H.: Zunächst einmal: Jeder Leser darf und soll diesen Roman
zur Freude und Unterhaltung lesen, über die Späßchen lächeln oder ein bisschen
traurig werden beim Auf und Ab in der Beziehung zwischen Klaus und Hedi, und
natürlich soll er das Ende samt hart gekochtem Ei mit einem Schmunzeln
genießen, ohne groß darüber nachzudenken. Was die Botschaft angeht, halte ich es
mit Reiner Kunze, der in seiner
Apfelweinkneipe Viviennes Kunstwerke ausstellen will: Wir sind davon überzeugt, dass auch die sogenannten
normalen Leute für anspruchsvolle künstlerische Arbeiten zu begeistern sind,
wenn sie sie in einem Umfeld präsentiert bekommen, das sie nicht einschüchtert.
Insofern hoffe ich, dass der eine oder die
andere vielleicht auch zwischen den Zeilen lesen und erkennen mag, dass Die Wassermühle von
der Gesellschaft erzählt, in der wir leben, und von dem Miteinander, oder
vielmehr Nicht-mehr-Miteinander der Menschen.
Thoni: Inwiefern?
N.H.: Bewusst habe ich verschiedene Lebenswelten nebeneinander
und gegeneinander gestellt: die
sensible, überkandidelte Künstlerin und die bodenständige, pragmatische
Krankenschwester; die idealistische, ehrgeizige junge Polizistin und der
erfahrene, am Leben gereifte Polizeibeamte; der welt- und wortgewandte,
beruflich erfolgreiche und bewunderte Galerist Bernsdorf, die
literaturbegeisterte adelige Dorfbäuerin Elli, deren vorgeblicher Abstieg sie letztlich
ihr Lebensglück finden ließ, auch wenn das mit ihren romantischen Vorstellungen
vom Landleben herzlich wenig zu tun hatte. Dass auch die „kleinen“ Nebenfiguren
im Roman Namen haben und individualisiert werden, etwa Maria Westhoff, die
verrückte alte Dame mit den Gespenstern im Wohnzimmer, oder Anne Ludewig, die
ihren Sohn verliert, hat ebenfalls mit dieser Intention zu tun. Friedrich
Hartmann, dessen Frau nach 61 Jahren Ehe stirbt, die pöbelnde Taxifahrerin
Martha, die ihren Mann vermöbelt oder Willi, der „objektiv gesehene versoffene
Pennbruder“, stehen für die vielfältigen, tragisch-komischen Lebenswelten, die,
teils unsichtbar, in unserer Gesellschaft existieren.
Thoni: Nicht wenige von ihnen haben am Ende die Einsamkeit zu
Gast.
N.H.:
Ja, die Einsamkeit hat viele Gesichter:
Menschen wie Rosa Ecklig oder der alte Witwer Möbius, der auf die Hefeklöße
seiner Nachbarin schimpft, versuchen sie mit Aggressionen zu bekämpfen, andere
ziehen sich zurück, stürzen sozial ab wie „Penner Willi“. Auch wenn es ihn als reale Person nicht
gegeben hat: Ich war damals bei der Räumung der Hütten am Kaiserlei dabei und
habe das genau so empfunden, wie Klaus es im Roman Dagmar erzählt. In solchen
Momenten ist man sprachlos, weil die Verlassenheit eines Menschen so übermächtig
deutlich wird. Einsamkeit ist ein existenzielles Gefühl; ich habe das oft
gespürt, wenn ich in eine dieser verwahrlosten Wohnungen kam, in denen ein
Mensch (meist waren es Männer) seit Wochen unbemerkt tot im Bett lag oder,
besonders makaber, vor dem laufenden Fernseher saß. Jeder Gegenstand atmete die
Verzweiflung über das Verlassensein, die sich schon lange vor dem Tod allen
Lebens bemächtigt hatte. Nicht der Tod war das Erschütternde, sondern die
Geschichte, die er über das Schicksal eines einsamen Menschen erzählte.
Thoni: Im Roman erlebt Klaus nicht nur dienstlich, sondern auch
privat, wie bitter dieses Gefühl ist ...
N.H.: Er versucht es zunächst zu verdrängen und, als das
nichts hilft, mit Ironie und zu viel Bier dagegen anzukämpfen. Wie verlassen er
sich tatsächlich fühlt, merkt seine junge Kollegin, als sie ihn an seinem
Geburtstag mutterseelenallein in seiner Wohnung findet. Als er glaubt, Hedi
verloren zu haben, und nachdem sein Sohn angekündigt hat, auszuziehen, hat er
eine solche Angst vor der leeren Wohnung, dass er lieber im Auto bleibt und
sich betrinkt, als in ein Zuhause zurückzukehren, das für ihn keins mehr ist.
Aber es gibt auch eine subtile und doch nicht minder schmerzliche Einsamkeit,
die auf den ersten Blick nichts mit Alleinsein zu tun hat. Sie versteckt sich
hinter glänzenden Fassaden, auf denen Dinge stehen wie: Erfolg, Macht,
Einfluss. Wie einsam muss der umschwärmte Wolfgang Bernsdorf innerlich sein,
wenn er Sätze sagt wie diesen: Es gibt
nicht allzuviele Menschen, bei denen ich sicher bin, dass sie mich um meiner
selbst willen mögen.
Thoni: Sowas überliest man aber schnell ...
N.H. (lächelt): Ja, ebenso schnell, wie man es im Alltag überhört. Diese
Sprachlosigkeit zu zeigen, das Schweigen inmitten von Geschwätzigkeit und die
stillen Schreie überhörter Nebensätze: Auch das war eine Intention, diesen
Roman zu schreiben. Ich wollte eine Geschichte darüber erzählen, wie wir
miteinander kommunizieren, oder eben auch nicht (mehr) kommunizieren. Wir verstehen uns - in
der Doppeldeutigkeit dieses Satzes liegt das Geheimnis gelungener Beziehungen:
Ich schätze dich, weil ich verstehe, was du sagst. Ich verstehe dich, weil ich
dich einzuschätzen weiß. Sich die Zeit zu nehmen, einen Menschen wirklich
kennenzulernen, entbindet von der Mühe, seine Worte einzeln auf die Waagschale
zu legen, und vor allem hilft es, sie richtig abzuwägen. Ich hab’s nicht so gemeint: Wer mag, kann sich einen Spaß daraus machen und mal
nachzählen, wie oft dieser Satz meinen Figuren über die Lippen kommt.
Thoni: Und welche Funktion hat die Sprache, die Sie aus Ihren
Zettelkästen und als Literaturzitate einbringen?
N.H.: Nun ja, manchmal legen es Gesprächspartner bewusst
darauf an, vom Gegenüber nicht verstanden zu werden: Sprache dient dann nicht
der Kommunikation, sondern als Bollwerk, um sich gegen andere abzugrenzen. Man
kann mit sehr vielen Worten nichts sagen oder, wie es Klaus ausdrückt,
Selbstverständlichkeiten in Neudeutschgelaber so geschickt verpacken, bis sie
niemand mehr versteht. Sprache kommt aber auch gern als unüberlegte Plapperei
daher, sei es Society-Smalltalk oder Gartenzauntratsch, die sich bestenfalls in
der rhetorischen Brillanz unterscheiden, wie die blaublütige Bäuerin Elli
überrascht feststellt.
Was die Zitate
angeht, stimme ich Heinrich Heine zu, dass man sich mit Klugheiten anderer gut
schmücken kann. Was jedoch meine Intention fürs Schreiben der Wassermühle
betrifft, möchte ich es mit Vivienne halten: Schon immer habe ich Freude daran gehabt, den Worten
nachzuspüren, die andere über Dinge gesagt haben, die mir wichtig sind. Die Sprache ist Mittel und Werkzeug, um die Menschen und
die Welt zu verstehen, und, so schließt sich der Kreis, Kunst besteht darin,
dieses Verständnis in Bilder mit einem Aha-Erlebnis zu übersetzen, sei es mit
Hilfe von Form und Farbe, wie es Vivienne tut, oder literarisch, also
editierend und schreibend, wie Elli es mit ihrer Literaturzeitschrift Die Wörtertruhe versucht.
Thoni: Oder mit einem Roman, der vordergründig als heitere
Familiengeschichte daherkommt?
N.H. (lacht): Ertappt.
Mittwoch, 9. Januar 2013
Eine Schachtel Alltag - Mühlengespräche mit Nikola Hahn (1)
Thoni Verlag: Die Wassermühle erschien
erstmals im Jahr 2000. Im Januar 2013 haben Sie den Roman im Thoni Verlag als
eBook herausgegeben. Was bedeutet der Zusatz neu bearbeitete und aktualisierte Ausgabe?
Nikola
Hahn: Ursprünglich wollte ich nur die
Rechtschreibung an die neuen Regeln anpassen, aber ich stellte erstaunt fest,
wie sehr sich die Welt in den vergangenen dreizehn Jahren verändert hat. Ich
hatte Die Wassermühle seinerzeit als zeitgenössischen Roman konzipiert, und das
wurde dann mein Anspruch beim Überarbeiten: die Geschichte aus dem Alltag von
heute zu erzählen. Mit einem bisschen Satzkosmetik war es da leider nicht
getan.
Thoni: Das heißt konkret?
N.H.: Dass sich nicht nur gewisse „Modeerscheinungen“ überlebt
haben, sondern vor allem die Kommunikationstechnik mittlerweile erheblichen
Einfluss auf unser Leben nimmt: Telefone standen noch vor einigen Jahren in der
Regel als Festanschluss im Flur oder Wohnzimmer; Handys waren Ende der 1990er
Jahre, als ich an der Urfassung der Wassermühle
schrieb, zwar hier und da genutzte
Zusatzkommunikationsmittel, aber keinesfalls ständiger Begleiter aller
Altersgruppen, wie es inzwischen der Fall ist. Auch das Internet war nicht so
bestimmend wie heute und die Social Media steckten noch in den Anfängen. Es
bedurfte also einiger Überlegungen, meine Geschichte in die Jetztzeit zu
überführen. Dazu gehörten auch so profane Dinge wie das vor einem Jahrzehnt
noch durchgängig übliche Bezahlen per Scheck, die in der Erstfassung noch
munter diskutierte Rechtschreibreform oder das Hochkurbeln von Autoscheiben per
Hand. Auch gewisse Abläufe in der polizeilichen Arbeit musste ich überdenken
und anpassen.
Thoni: Sie haben also tatsächlich ganze Teile des Romans
umgeschrieben?
N.H.:
Sagen wir so: Ich habe darauf geachtet, die
Logik der Geschichte wiederherzustellen. Zum Glück hat Polizist Klaus eine
nervige Mutter, die ihn dazu nötigt, sein Handy öfter mal auszuschalten, wenn
er Ruhe haben will. Und in der alten Mühle im tiefsten Odenwald ist der
Mobilfunkempfang ohnehin bescheiden. Fensterkurbeln gibt es nur noch in Hedis
altersschwachem VW-Bus, und die Beförderungssituation bei der hessischen
Polizei hat sich für Klaus insoweit verbessert, dass er inzwischen schon zu
Beginn des Romans als Oberkommissar Streife fährt. Was wiederum eine Erklärung
nach sich zog, warum ihn der Dienststellenleiter trotzdem nicht leiden kann.
Thoni: Haben Sie die Geschichte darüber hinaus auch inhaltlich
bearbeitet?
N.H.: Hier und da waren Anpassungen nötig, weil der zeitliche
Bezugsrahmen nicht mehr stimmte. So konnte Klaus mit seinen Kindern nicht mehr,
wie noch in der Erstausgabe behauptet, im Foyer des Sheraton-Hotels in
Offenbach Wasserball gespielt haben, weil der Umbau vom Parkbad zum Hotel zu
lange zurücklag, eben in den 1990er Jahren.
Thoni: Jetzt mal ehrlich: Welcher Leser merkt denn das
überhaupt?
N.H. (grinst): Wahrscheinlich
keiner. Aber ich bin ja in allen meinen Büchern sehr akribisch mit der Recherche.
Und wenn ich historisch belegbare Details nenne, sollten sie auch stimmen. Bei
einigen Dingen habe ich mir allerdings bewusst ein bisschen chronologische
Freiheit erlaubt. Den Altbau des Offenbacher Stadtkrankenhauses (das übrigens
auch bald nicht mehr als solches existieren wird, wenn man den
Zeitungsberichten glauben kann) habe ich weiterhin „in Nutzung“, ebenso gewisse
etwas ältere, aber durchaus heute noch neckisch klingende Zeitungsberichte.
Auch der „aus dem Leben gegriffene“ Dialog von Dragan und Alder
von anno 1998 und die malenden Katzen, die in den späten 1990ern eine Zeitlang
durch die Medienlandschaft geisterten und mich zu Kättaat
inspirierten, haben es in die Neuauflage geschafft.
Thoni: Wenn man die alte Printfassung mit der neuen eBook-Variante
vergleicht, fällt auf, dass Sie auch an der Sprache gefeilt und die Dialoge
gestrafft haben.
N.H.: Das war eine Arbeit, die mir besondere Freude gemacht
hat. Die Erstauflage des Romans wurde damals von einer Außenlektorin ohne
Rücksprache mit mir und recht oberflächlich bearbeitet. Es hätten durchaus noch
die einen oder anderen Streichungen und Glättungen vorgenommen werden können.
Das habe ich nun nachgeholt. Andererseits habe ich aber auch Informationen
hinzugefügt, beispielsweise um die Biografien der Protagonisten für den Leser
plastischer zu machen.
Thoni: Es gibt in Ihrem Roman zwei große Erzählstränge: der
eine behandelt die Geschichte von Hedi Winterfeldt, die mit ihrer etwas
überdrehten Freundin Vivienne in eine alte Wassermühle im Odenwald zieht, der
andere das berufliche Leben von Hedis Ehemann Klaus, der als Streifenpolizist
mit seiner jungen Kollegin allerlei Widrigkeiten des polizeilichen
Alltagslebens zu bewältigen hat. Welche der beiden Geschichten war Ihnen
wichtiger zu erzählen?
N.H.: Beide sind mir gleich wichtig. Sowohl die junge
Polizistin Dagmar, mit der Klaus anfangs so seine Schwierigkeiten hat, als auch
die etwas überkandidelte Künstlerin Vivienne, die ein ganz anderes Leben führt
als die berufstätige Mutter und Ehefrau Hedi, sind mehr als bloße Staffage.
Thoni: Vivienne erscheint anfangs als Frau, die ihre Wünsche
ans Leben voll erfüllen konnte. Im Laufe der Geschichte wird aber deutlich,
dass nicht die vom Alltag frustrierte Hedi, sondern die vorgeblich
selbstbestimmte Künstlerin die eigentlich tragische Figur ist.
N.H.: Ja. Für ihre Bilder, die, wie sie sagt, Teil ihrer Seele
sind, bekommt sie keine Anerkennung, und Liebe erfährt sie bestenfalls als
One-Night-Stand. Sie verleugnet nicht nur ihr Alter, sondern auch ihre Ideale.
Nur Hedi, die sich – zu Recht –
über sie aufregt, spürt, dass Vivienne bei allen Lügen, die sie ihr und anderen
auftischt, eines zutiefst ehrlich meint: Malen
ist mein Leben. Aber sie kann dieses Leben
mit niemandem teilen.
Thoni: Sie malen ja auch. Sind das Erfahrungen aus Ihrem
„künstlerischen Ich“?
N.H. (lacht): Nein. Aber die Exaltiertheit, um nicht zu sagen
Blasiertheit gewisser Leute auf die Schippe zu nehmen, die meinen, einen
Alleinanspruch auf die Definition wahrer Kunst zu haben, hat mir schon Spaß
gemacht. Und „der Maler des Lichts“, Claude Monet, ist nicht nur Viviennes,
sondern auch mein großes Vorbild. Vor allem, weil er seinen Garten mit seiner
Kunst zu verbinden wusste. Das Spiel mit dem Licht lebe ich allerdings
vorwiegend fotografierend aus, wobei ich, ähnlich wie Monet, meinen Garten als
Motivspeicher nutze. Bei meinen Zeichnungen bevorzuge ich hingegen die
Abstraktion, experimentiere aber auch mit der Wirkung von Farben. Das Faible
für Farben und ihre Bedeutung in der Kunst und im Leben habe ich also mit Vivienne
gemeinsam. Die von ihr zitierten Werke, insbesondere Kunst der Farbe von
Johannes Itten, stehen seit vielen Jahren in meinem Bücherschrank.
Thoni: Vivienne ist aber auch eine Figur, über deren
Verdrehtheit der Leser herzlich lachen kann. Genauso wie über die Streiche des
wirklich unglaublich ungezogenen Christoph-Sebastian. Gab es diesbezüglich
reale Vorlagen in Ihrem Leben?
N.H.: Christoph-Sebastian hat gleich zwei reale
Entsprechungen, die meinen Mann und mich samt ihrer überforderten Eltern vor
Jahren einmal ein ganzes Wochenende lang heimgesucht haben. Dass mit den bloßen
Händen in die Nudelschüssel gegriffen wurde, war noch das kleinste Malheur. Wir
waren so leichtsinnig, mit ihnen essen zu gehen. Das Restaurant habe ich danach
nie wieder betreten. Wie Hedi im Roman haben mein Mann und ich versucht, den
Blagen wenigstens innerhalb unseres Hauses Grenzen zu setzen. Das Problem waren
allerdings, das muss man ehrlich sagen, weniger die Kinder, sondern die
Unfähigkeit und Gleichgültigkeit ihrer Eltern.
Einige der im
Roman erzählten Anekdoten stammen aus meiner eigenen Kindheit, zum Beispiel der
angriffslustige Hofhahn, der als Mittagessen endete, die Maus samt der Katze im
Federbett oder der „Elfmeter“, bei dem der Schuh in die Dachrinne flog. Der Schütze
war mein Vater, und mein Bruder und ich haben uns gekringelt vor Lachen. Zum
Glück war das Dach unseres Hauses solider als das der Eichmühle, und wir
mussten nur den Schuh wieder herunterholen. Für mich als Schriftstellerin sind
solche Erlebnisse natürlich eine sprichwörtliche Steilvorlage ...
Thoni: Ebenso wie die Erfahrungen einer Polizistin?
N.H.:
Allerdings. Irgendwann, sagte ich, schreibe ich ein Buch über all
das. Bestimmt schmeißen sie mich dann raus.
Das habe ich am 1. Januar 1988 in meinem Tagebuch notiert und in meinem Buch Die Startbahn veröffentlicht.
Damals dachte ich, dass (m)eine Geschichte über die Polizei diese so prägende
Erfahrung der „Startbahnmorde“ beinhalten müsse, die ich 1987 unmittelbar
miterlebte. Ich entschloss mich dann aber, dafür die Form einer Erzählung zu
wählen und den Roman vorwiegend heiter zu verfassen.
Viele Jahre lang
stand auf meinem Schreibtisch ein Kästchen, in dem ich allerlei Kuriositäten
sammelte, die mir im polizeilichen Alltag in die Finger kamen: Anhörbögen,
Strafanzeigen, schriftliche Mitteilungen der Leute an Versicherungen, krude
Formulierungen aus Vermerken und Berichten, Gerichtsurteile. Aber auch
Merk-Würdiges aus der Tagespresse, wie zum Beispiel der Artikel über den zu
intelligenten Polizeibewerber, fand den Weg in meine „Zettelbox“. Nachdem ich
alles rausgestrichen hatte, was irgendwelche Rückschlüsse auf Sache oder
Personen zugelassen hätte, habe ich das Kästchen meinen Protagonisten
übereignet; vor allem Klaus’ Chef Michael Stamm zitiert im Roman mit Vergnügen
daraus. Den glücklichen Türöffnungswinkel aus Kapitel 13, der den armen Klaus beinahe zur
Verzweiflung treibt, habe ich 1992 in voller Länge unter „Kurioses“ in der Hessischen Polizeirundschau
veröffentlicht.
Gespenster
mittels Funkgerät zu vertreiben, sich mit zeternden oder sonstwie seltsamen
Bürgern auseinanderzusetzen, wie es Klaus und Dagmar im Roman tun, all das
gehörte tatsächlich zu den Aufgaben, die ich als junge Streifenpolizistin zu
erledigen hatte. Die Lichtbildvorlage mit dem türkischen Mitbürger, der
lauthals über die Kanaken in Deutschland schimpft, habe ich während meiner Zeit
im Einbruchskommissariat durchgeführt, und Ayse Söngül, die in Wirklichkeit
natürlich anders hieß, hat mir ihre traurige Geschichte, wie im Roman Klaus und
Dagmar, bei einer Ermittlung erzählt. Meinem Zettelkasten und damit dem realen
Leben entnommen ist auch die Strafanzeige jenes Zeitgenossen, den ich im Roman
Dr. Türmann getauft habe, wegen der vorgeblich falsch frankierten
Büchersendung. Die Akte kam als Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft ins
Betrugskommissariat, wo ich damals arbeitete. Ich habe deswegen mit meinem Chef
einen Streit vom Zaun gebrochen, weil ich mich veräppelt fühlte. In diese Zeit
fiel auch die Gerichtsverhandlung, die Dagmar im Roman als Einakter aufführt.
Was meine Zeit im Streifenwagen anging, so war sie zwar, auf meine gesamte
Polizeilaufbahn gerechnet, nicht sehr lang, zuweilen aber überaus lustig.
Thoni: Manchmal bleibt einem das Lachen aber auch im Hals
stecken. Die Szene, in der Klaus und seine Kollegin die Todesnachricht
überbringen, geht unter die Haut.
N.H.: Auch das ist ein Teil des polizeilichen Alltags. Wie im
Roman beschrieben, gibt es kein Richtig oder Falsch, und schon gar keine
Patentlösung, wenn man, auf welchen Wegen auch immer, mit dem Tod konfrontiert
wird. Erfahrung und Routine können helfen, aber alle Gefühle vermögen sie nicht
einzufangen. Auch der dienstlich erfahrene Polizist Klaus streift ein solches
Erlebnis nicht einfach mit den Kleidern ab. Vor allem, wenn er noch dazu
private Probleme hat.
Kindle: Das Experiment!
Erst einmal ein herzliches Hallo fürs neue Jahr!
Ich hoffe, Ihr hattet alle einen guten Start und müsst nicht gleich wieder Vollgas geben ;) Wenn ich ehrlich bin, habe ich mit dem Vollgas gar nicht aufgehört, wobei die Feiertage wunderbar geruhsam waren. Natürlich, so kann man fast sagen, habe ich es nicht geschafft, meinen selbst gesetzten Termin zu halten, Die Wassermühle noch vor Weihnachten zu veröffentlichen. Und das hatte etwas damit zu tun, dass ich nicht nur ziemlich akribisch in der Überarbeitung war (ich sitze ja schon seit dem Sommer dran ...), sondern dass ich plötzlich eine riesige Lust bekam, die Möglichkeiten eines eBooks "auszureizen". Das, was ich mit meinem Roman gemacht habe, hätte mir ein Verlag nie und niemals durchgehen lassen, und im Print wäre es auch gar nicht möglich gewesen.
Ich habe ja ein paar spinnerte Träume, und einer davon ist, Geschichten mit Geschichte zu verbinden und gleichwohl oder gerade deshalb die Leser dafür zu begeistern. Um`s kurz zu machen: Ich bin abgetaucht in die Tiefen der Recherchelabyrinthe aus Print und Netz, und das hat nicht nur jede Menge Arbeit gekostet, sondern vor allem Spaß gemacht.
Aber bei alledem kann ich ein Versprechen geben: Ich habe eine Bonbonniere gefüllt, in die nur zu greifen braucht, wer Geschmack am Inhalt findet. Die Geschichte davor können (und sollen) die Leser "pur" genießen.
"Die Wassermühle" ist mein viertes eBook, und mein Fazit lautet: Ich habe Feuer gefangen!
Mit den allerbesten Grüßen
und bis gleich*
Nikola
______
* Es folgt heute & morgen & übermorgen: ein Interview in drei Teilen: Ja, wenn die Autoren ins Reden kommen ...
Samstag, 1. Dezember 2012
Ressentiments ...
Wie ich ja schon schrieb, sitze ich derzeit an der Überarbeitung meines Romans "Die Wassermühle", der (hoffentlich) noch im Dezember in einer aktualisierten Fassung herauskommen soll. Bei einer Recherche im Netz fiel mir auf, dass der Erfolgsroman von Martina Gercke "Holunderküsschen" nirgends mehr erhältlich ist, nicht mal bei amazon im Kindle Shop. Das machte neugierig, und ich stieß auf die wohl schon seit einer Weile geführte Plagiatsdebatte. Entsprechende Textstellen sind ja im Netz eingestellt, und die klingen doch recht eindeutig. Ich vermag darüber letztlich kein Urteil zu fällen, und ich will es auch nicht. Was mich jedoch ziemlich erstaunt, ist die "Empörung der Gerechten", die nun den "Fall Gercke" nutzen, um ihre Vorurteile gegen (alle) Selfpublisher zu befeuern. Interessant zu lesen und sehr entlarvend. Statt am Manuskript weiterzuarbeiten, habe ich einen Kommentar zu einem Artikel im Literaturcafé geschrieben, den ich (in Auszügen) hier einstelle, weil er mein Selbstverständnis als Autorin & Verlegerin wiedergibt . (Ihr merkt schon: Seit gestern bin ich auf dem Netz-Schreib-Trip :) )
(...) Wenn jemand so offenkundig selbst Satzformulierungen übernimmt, dann kann das kein Zufall sein. Andererseits ist hier jemand auf einem unkonventionellen Weg zum Erfolg gekommen, das ruft natürlich auch Neider auf den Plan. Nein, ich lese "solche" Bücher grundsätzlich auch nicht (manchmal mache ich aus Neugier eine Ausnahme :)), aber es gibt viele Menschen, die solche Geschichten mögen, und sie haben jedes Recht dazu.
Was nur zu gern unterschlagen wird: Nicht nur Selfpublisher veröffentlichen so was, sondern auch jede Menge Verlage, und über die inhaltliche wie sprachliche Qualität lässt sich hier wie dort trefflich streiten. Jetzt aber so zu tun, als würde die Veröffentlichung über einen Verlag per se für sprachliche Qualität und "Originalität" bürgen, finde ich einfach nur daneben. Das Beispiel Hegemann wurde ja bereits andernorts genannt, und es war mitnichten so, dass dieses Buch dann - wie es jetzt bei amazon und mvg mit den Werken von Frau Gercke geschah - sofort vom Markt genommen wurde.
Nein, zur Moraldebatte taugt das Beispiel Gercke nicht! Und auch nicht, um Ressentiments gegen eine Entwicklung zu schüren, die viele in der Branche (aus welchen Gründen auch immer) nicht mögen.
Und was Interviews mit Autoren angeht, deren Bücher man überhaupt nicht gelesen hat - aber Hallo! Über einen meiner Romane hat man sogar einen Kurzfilm gedreht, ohne dass der Verantwortliche das Buch vorher auch nur ansatzweise gelesen hätte. Gefallen hat mir das nicht, denn irgendwo ist man ja auch Leser, der vernünftig informiert werden will. Über die Werbung war ich trotzdem froh, und die Pressestelle im Verlag natürlich auch.
Allerdings ging es in Wolfgang Tischers Interview (anders als damals bei mir) nicht um den Inhalt des Buches und damit eine Leseempfehlung, sondern um den ungewöhnlichen Werdegang und Erfolg einer Autorin. Ich habe das Interview mit Frau Gercke (...) im Literaturcafé mit großem Interesse gelesen und trotzdem nicht den Gedanken gehabt, dass ich dieses Buch jetzt unbedingt kaufen müsste.
Fazit: Wie immer und überall kommt es auf die Intention an. Und die sollte man - gerade bei den ganz besonders Empörten - doch ab und an mal kritisch hinterfragen.
Hier geht`s ...
Was nur zu gern unterschlagen wird: Nicht nur Selfpublisher veröffentlichen so was, sondern auch jede Menge Verlage, und über die inhaltliche wie sprachliche Qualität lässt sich hier wie dort trefflich streiten. Jetzt aber so zu tun, als würde die Veröffentlichung über einen Verlag per se für sprachliche Qualität und "Originalität" bürgen, finde ich einfach nur daneben. Das Beispiel Hegemann wurde ja bereits andernorts genannt, und es war mitnichten so, dass dieses Buch dann - wie es jetzt bei amazon und mvg mit den Werken von Frau Gercke geschah - sofort vom Markt genommen wurde.
Nein, zur Moraldebatte taugt das Beispiel Gercke nicht! Und auch nicht, um Ressentiments gegen eine Entwicklung zu schüren, die viele in der Branche (aus welchen Gründen auch immer) nicht mögen.
Und was Interviews mit Autoren angeht, deren Bücher man überhaupt nicht gelesen hat - aber Hallo! Über einen meiner Romane hat man sogar einen Kurzfilm gedreht, ohne dass der Verantwortliche das Buch vorher auch nur ansatzweise gelesen hätte. Gefallen hat mir das nicht, denn irgendwo ist man ja auch Leser, der vernünftig informiert werden will. Über die Werbung war ich trotzdem froh, und die Pressestelle im Verlag natürlich auch.
Allerdings ging es in Wolfgang Tischers Interview (anders als damals bei mir) nicht um den Inhalt des Buches und damit eine Leseempfehlung, sondern um den ungewöhnlichen Werdegang und Erfolg einer Autorin. Ich habe das Interview mit Frau Gercke (...) im Literaturcafé mit großem Interesse gelesen und trotzdem nicht den Gedanken gehabt, dass ich dieses Buch jetzt unbedingt kaufen müsste.
Fazit: Wie immer und überall kommt es auf die Intention an. Und die sollte man - gerade bei den ganz besonders Empörten - doch ab und an mal kritisch hinterfragen.
Hier geht`s ...
- zum Interview mit Frau Gercke im Literaturcafé (25.7.2012)
- zu den genannten "Textstellen" (aus: Buchmarkt, "Affären", 30.11. 2012)
- zum Interview mit Herrn Dresen (Justiziar bei Random House, Buchmarkt, 30.11.2012)
- zu einem sehr ausgewogenen und fairen Statement (ebooks-Autoren.de, 20.11.2012)
- zu einem sehr ausgewogenen und fairen Statement (ebooks-Autoren.de, 20.11.2012)
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