Freitag, 17. Februar 2012

Gedanken und Geschichten

Es gibt eine Frage, die wohl jeder Schriftsteller auf der Top-Ten-Liste der am meisten gestellten ganz oben ansiedeln kann: Woher nehmen Sie eigentlich Ihre Ideen?
Diese Frage begleitet mich, seit mein erster Text veröffentlicht wurde, also seit mehr als dreißig Jahren, ich habe sie zu meinen Kurzgeschichten ebenso gestellt bekommen wie zu meinen Romanen. Seltsamerweise stellt niemand diese Frage zu (m)einem Fachbuch. Dabei wäre sie da mindestens ebenso angebracht. Die Idee kann beruflich sein, sie kann sich aus dem Privaten ergeben, sie mag bei professionellen Autoren auch in Gesprächen mit dem Verlag oder mit dem Agenten aufkommen, die Idee steht immer am Anfang, aber sie zu finden, ist meistens kein Problem. Wer erinnert sich nicht sofort an irgendeinen Menschen, der schon mal bei irgendeiner Gelegenheit spontan gerufen hat: Darüber könnte ich glatt ein Buch schreiben? Oder, etwas verschämter, man könnte?

Ideen haben also viele Leute, die meisten dieser Ideen werden vergessen, Künstler setzen sie auch in Bilder oder Musik um - oder ganz normale Menschen bei ihrer täglichen Arbeit, was im übrigen sehr befriedigend sein kann. Aber was unterscheidet die Idee oder den Gedanken zu einer Geschichte von anderen Ideen?

Der erste Teil der Antwort klingt vielleicht nicht so romantisch wie viele es vermuten: Die Idee, eine Geschichte zu schreiben (und es dann auch zu tun) ist die Anmaßung zu glauben, dass andere Menschen (mindestens) ihre Zeit opferten, diese Geschichte zu lesen. Ich bin mir sicher, dass jeder, der Geschichten schreibt, auch will, dass irgendwer sie liest. Sonst würde er wohl eher Tagebuch schreiben - wobei ich anmerke, dass auch das Tagebuchschreiben im Zeitalter des Internet seine Unschuld verloren hat, wie nicht zuletzt mein Blog hier zeigt. Kurzum: Ideen, die in Geschichten gegossen werden, sollen gelesen werden. Ob sie es dann werden, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich glaube nicht an die Beteuerungen mancher (meist angehender) Autoren, es sei ihnen völlig egal, ob sie gelesen würden oder nicht.

Ich glaube viel eher, dass sie Teil eins der Antwort mit Teil zwei vermischen. Und der bedient dann doch ein bisschen die Sehnsucht nach der gemütlichen Schreibstube: Gedanken und Ideen in eine Geschichte zu übersetzen, ist ein zwar zuweilen anstrengender, aber in der Nachbetrachtung immer beglückender Vorgang; er hat, wie das Leben, Höhen und Tiefen, ist von Selbstzweifeln und Glücksgefühlen begleitet, und am Ende hat der Autor ein Stückchen seiner Lebenszeit in Wörter eingefasst. Musik berührt beim Hören unmittelbar, auch der Blick auf ein Gemälde ruft sofort Emotionen hervor. Geschichten hingegen werden nur lebendig durchs Lesen, die Worte allein, mögen sie nun print oder elektronisch sein, sind nichts.
Für mich als Schriftstellerin lautet also die eigentlich wichtigste Frage: Ist meine Idee stark genug, dass sie, eingepackt in ein Gedicht, eine Geschichte, einen Roman, dem Leser, den ich mit ihr erreichen möchte, eine Welt öffnen kann?

Sobald ich glaube, diese Frage bejahen zu können, fange ich an zu schreiben.

2 Kommentare:

  1. Ideen habe ich zu Hauf, aber es hapert an der Verwirklichung und Konzentration.

    Und wie suchst du den zutreffenden Titel für die Bücher?

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  2. Ein herzliches Hallo, liebe(r) leeregedanken!

    Na, das bestätigt ja meine These von den Ideen :))))
    Die Titelsuche ist für mich ein längerer Prozess, in dessen Verlauf ich mich durchaus auch umentscheide. Nach meiner Auffassung muss ein Titel Bezug zur Geschichte haben und beim Leser ein "Aha!-Erlebnis" auslösen, wenn er die Geschichte liest. Leider sehen das Marketingstrategen in Verlagen anders. Da muss ein Titel einfach nur "Käufer anziehen".

    Ein guter Titel tut das natürlich, aber als einziges Ziel ist es mir zu dürftig.
    Viele herzliche Grüße!

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