Die Diskussionen über den Zukunftsweg (oder die Zukunftswege) in der "Bücherlandschaft" sind vielfältig und konträr. Ich verfolge das interessiert und gebe hier und da mal meinen Senf dazu. So entstand der folgende Beitrag als Leserbrief ... Aber er passt auch hier, glaube ich :)
Die Umbrüche in der Buch- und Verlagsbranche sind inzwischen
für jeden sichtbar. Wir sind auf einem Weg, dessen Ende wir nicht kennen, und
sicherlich wird nicht alles gut werden, was gut scheint.
Das größte Problem ist in der Tat, dass “Selfpublishing”, so
wie es derzeit definiert und möglich ist, dazu führt, dass jeder ohne Probleme
alles ins Netz jagen und als “Buch” definieren kann. Leider habe ich keine
Lösung anzubieten, aber vielleicht sollte man – jenseits dieses “Dilemmas” –
auch die Ursachen bedenken, die mit dazu beigetragen haben (und sicher auch in
Zukunft dazu beitragen werden), dass Autoren den direkten Weg der Publikation
suchen.
Verlage, vor allem die großen, haben Schubladen (und müssen
sie vielleicht auch haben, darüber möchte ich nicht urteilen), die sie bedienen
möchten. Autoren wollen Geschichten erzählen, die vielleicht in diese
Schubladen nicht hineinpassen. Für manche Dinge kann man einen Kompromiss
finden, für andere nicht. Und einige Dinge tangieren so sehr das Eigentliche
des Erzählens, dass es eben keine Übereinstimmung gibt.
Ich rede hier, bitteschön, nicht von experimenteller
Literatur, die ein Nischenpublikum bedient, sondern durchaus von “gehobener”
Unterhaltung, die vielleicht “nur” nicht ganz in der Schiene läuft, wie man es
verlagsseits gern hätte. Man kann dann einen Kompromiss schließen (manche
Autoren leben damit wunderbar, und es ist auch nichts dagegen zu sagen), oder
man entscheidet sich, künftig einen eigenen Weg zu gehen. So habe ich es
gemacht.
Finanzielle Überlegungen waren nicht die primäre Grundlage
für diese Entscheidung. Ich hatte einen sehr lukrativen Verlagsvertrag, um den
mich sicherlich so mancher andere Autor beneidet hätte. Die Auflagen waren gut,
man wollte mehr … Nur hat das alles nicht zu dem gepasst, was ich unter
Schreiben verstehe.
Nein, ich wollte NICHT, dass der Verlag mir den Titel
vorschreibt. Und ich wollte NICHT, dass ein Mensch, der das Buch überhaupt
nicht kennt, über das Cover entscheidet, und es kurzerhand dann während der
Lebensdauer des Buches ein gutes Dutzend mal wechselt, weil man meinte,
irgendwelche Sonder-Sonderausgaben herausbringen zu müssen.
Also: Selfpublishing. Ich habe das schon zu meinen
“Verlagszeiten” gemacht und nebenher via BoD veröffentlicht, aber
ehrlicherweise muss ich sagen, dass BoD für mich inzwischen auch nicht mehr das
Gelbe vom Ei ist, vor allem was die Umsetzung eines professionellen Layouts
angeht. Auch wollte ich das nicht mehr als “Autor” machen, sondern via Verlag.
Also habe ich einen eigenen Verlag gegründet. Ich mache keinen Hehl daraus,
dass das ein Selbstverlag ist, und natürlich muss man genau schauen, WAS man selbst leisten kann und wo
man sich professionelle Hilfe holt. Nichts anderes tue ich auch. Aber zu sagen,
jemand, der schreibt, könnte per se nicht lektorieren oder layouten oder ein
Cover gestalten, das finde ich schon … seltsam.
Vor allem vor dem Hintergrund meiner Verlagserfahrung. Ich hatte für drei
Romane ein gutes Dutzend Lektoren, die wechselten schneller, als ich schreiben
konnte, und es war wirlich alles dabei, von der gestressten und wenig fachlich
überzeugenden Außenlektorin bis hin zu einer wunderbaren Lektorin, von der ich
so viel gelernt habe, dass ich davon heute noch profitiere. Leider war es aber
auch so, dass ich schon im Verlag bei einem Roman das Lektorat praktisch selbst
gemacht habe, weil die entsprechende Außenlektorin leider, wie gesagt, nur sehr
bescheidene Kenntnisse hatte. Das war eine der schlimmsten Erfahrungen
überhaupt, vor allem, weil ich vorher so gute Erfahrungen gemacht hatte. Auch was das Layout angeht, bin ich immer wieder erstaunt, wie viele Verlage
nicht einmal einfachste Gestaltungsregeln berücksichtigen, zum Beispiel die
bekannten “Schusterjungs” ignorieren.
Ich plädiere dafür, das Ergebnis zu bewerten, nicht den Weg
dorthin. Und damit sind wir beim größten Problem überhaupt: Wie so oft in
diesen Diskussionen kommt die Gruppe, um die es eigentlich geht, so gut wie
nicht vor: DER LESER.
In der Verlagsbranche dreht sich gern alles um sich selbst,
der Leser wird selten als Mittelpunkt gesehen, und ich glaube, dass genau das
der Punkt ist, warum amazon so viel Erfolg hat und andernorts sich die Probleme
häufen. Wie können Geschichten und Leser zueinander finden? Und vor allem: Wo?
Ich würde mich freuen, wenn sich die Buchbranche (auch als
Gegengewicht zu amazon) endlich darauf besinnen würde, Möglichkeiten zu
schaffen, das Leserinteresse in den Mittelpunkt zu stellen. Leser suchen gute
Geschichten, und den meisten ist es herzlich egal, ob diese in einem großen,
einem kleinen oder ohne Verlag publiziert werden. Das Thema muss passen, und
die Qualität sollte stimmen, wobei das auch wieder relativ zu sehen ist, denn
Mainstream hat ja auch eine bestimmte Qualität, wenn man deren Lesepublikum
befragt. Es müsste also eine Plattform sein, die zum einen sicherstellt, dass
formelle Mindeststandards eingehalten werden, zum anderen aber auch die
Möglichkeit gibt, dass Leser “ihre” Bücher finden. Wenn man dabei einen
Kontrapunkt zu amazon setzen will, ist es nicht mit “Rechnen” getan, sondern es
wird erfordern, dass sich reale Menschen zu Buchempfehlern machen, und zwar zu objektiven.
Also das tun, was die viele engagierte Blogger tun und was gute
Buchhändler tun: Ihre Kunden kennenlernen und ihnen passende Lektüreempfehlungen geben. Das heißt aber, dass die "Empfehlenden" unvoreingenommen sein müssen und offen für alle
Wege.
Ein Wer-kennt-Wen für Bücher … Ein Portal, in dem LESER und
GESCHICHTEN(schreiber) zueinanderfinden … Mein Zukunftstraum!
Herzliche Grüße
Nikola
PS:
Kleine "Wkws" gibt es ja schon jetzt ... Rastplätze für Bücher(Leute) & Leser:
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