Freitag, 30. November 2012

Wer-kennt-wen für Bücher


Die Diskussionen über den Zukunftsweg (oder die Zukunftswege) in der "Bücherlandschaft" sind vielfältig und konträr. Ich verfolge das interessiert und gebe hier und da mal meinen Senf dazu. So entstand der folgende Beitrag als Leserbrief ... Aber er passt auch hier, glaube ich :)
 
Die Umbrüche in der Buch- und Verlagsbranche sind inzwischen für jeden sichtbar. Wir sind auf einem Weg, dessen Ende wir nicht kennen, und sicherlich wird nicht alles gut werden, was gut scheint.

Das größte Problem ist in der Tat, dass “Selfpublishing”, so wie es derzeit definiert und möglich ist, dazu führt, dass jeder ohne Probleme alles ins Netz jagen und als “Buch” definieren kann. Leider habe ich keine Lösung anzubieten, aber vielleicht sollte man – jenseits dieses “Dilemmas” – auch die Ursachen bedenken, die mit dazu beigetragen haben (und sicher auch in Zukunft dazu beitragen werden), dass Autoren den direkten Weg der Publikation suchen.

Verlage, vor allem die großen, haben Schubladen (und müssen sie vielleicht auch haben, darüber möchte ich nicht urteilen), die sie bedienen möchten. Autoren wollen Geschichten erzählen, die vielleicht in diese Schubladen nicht hineinpassen. Für manche Dinge kann man einen Kompromiss finden, für andere nicht. Und einige Dinge tangieren so sehr das Eigentliche des Erzählens, dass es eben keine Übereinstimmung gibt.

Ich rede hier, bitteschön, nicht von experimenteller Literatur, die ein Nischenpublikum bedient, sondern durchaus von “gehobener” Unterhaltung, die vielleicht “nur” nicht ganz in der Schiene läuft, wie man es verlagsseits gern hätte. Man kann dann einen Kompromiss schließen (manche Autoren leben damit wunderbar, und es ist auch nichts dagegen zu sagen), oder man entscheidet sich, künftig einen eigenen Weg zu gehen. So habe ich es gemacht.

Finanzielle Überlegungen waren nicht die primäre Grundlage für diese Entscheidung. Ich hatte einen sehr lukrativen Verlagsvertrag, um den mich sicherlich so mancher andere Autor beneidet hätte. Die Auflagen waren gut, man wollte mehr … Nur hat das alles nicht zu dem gepasst, was ich unter Schreiben verstehe.

Nein, ich wollte NICHT, dass der Verlag mir den Titel vorschreibt. Und ich wollte NICHT, dass ein Mensch, der das Buch überhaupt nicht kennt, über das Cover entscheidet, und es kurzerhand dann während der Lebensdauer des Buches ein gutes Dutzend mal wechselt, weil man meinte, irgendwelche Sonder-Sonderausgaben herausbringen zu müssen.

Also: Selfpublishing. Ich habe das schon zu meinen “Verlagszeiten” gemacht und nebenher via BoD veröffentlicht, aber ehrlicherweise muss ich sagen, dass BoD für mich inzwischen auch nicht mehr das Gelbe vom Ei ist, vor allem was die Umsetzung eines professionellen Layouts angeht. Auch wollte ich das nicht mehr als “Autor” machen, sondern via Verlag. Also habe ich einen eigenen Verlag gegründet. Ich mache keinen Hehl daraus, dass das ein Selbstverlag ist, und natürlich muss man genau schauen, WAS man selbst leisten kann und wo man sich professionelle Hilfe holt. Nichts anderes tue ich auch. Aber zu sagen, jemand, der schreibt, könnte per se nicht lektorieren oder layouten oder ein Cover gestalten, das finde ich schon … seltsam.
Vor allem vor dem Hintergrund meiner Verlagserfahrung. Ich hatte für drei Romane ein gutes Dutzend Lektoren, die wechselten schneller, als ich schreiben konnte, und es war wirlich alles dabei, von der gestressten und wenig fachlich überzeugenden Außenlektorin bis hin zu einer wunderbaren Lektorin, von der ich so viel gelernt habe, dass ich davon heute noch profitiere. Leider war es aber auch so, dass ich schon im Verlag bei einem Roman das Lektorat praktisch selbst gemacht habe, weil die entsprechende Außenlektorin leider, wie gesagt, nur sehr bescheidene Kenntnisse hatte. Das war eine der schlimmsten Erfahrungen überhaupt, vor allem, weil ich vorher so gute Erfahrungen gemacht hatte. Auch was das Layout angeht, bin ich immer wieder erstaunt, wie viele Verlage nicht einmal einfachste Gestaltungsregeln berücksichtigen, zum Beispiel die bekannten “Schusterjungs” ignorieren.

Ich plädiere dafür, das Ergebnis zu bewerten, nicht den Weg dorthin. Und damit sind wir beim größten Problem überhaupt: Wie so oft in diesen Diskussionen kommt die Gruppe, um die es eigentlich geht, so gut wie nicht vor: DER LESER.

In der Verlagsbranche dreht sich gern alles um sich selbst, der Leser wird selten als Mittelpunkt gesehen, und ich glaube, dass genau das der Punkt ist, warum amazon so viel Erfolg hat und andernorts sich die Probleme häufen. Wie können Geschichten und Leser zueinander finden? Und vor allem: Wo?

Ich würde mich freuen, wenn sich die Buchbranche (auch als Gegengewicht zu amazon) endlich darauf besinnen würde, Möglichkeiten zu schaffen, das Leserinteresse in den Mittelpunkt zu stellen. Leser suchen gute Geschichten, und den meisten ist es herzlich egal, ob diese in einem großen, einem kleinen oder ohne Verlag publiziert werden. Das Thema muss passen, und die Qualität sollte stimmen, wobei das auch wieder relativ zu sehen ist, denn Mainstream hat ja auch eine bestimmte Qualität, wenn man deren Lesepublikum befragt. Es müsste also eine Plattform sein, die zum einen sicherstellt, dass formelle Mindeststandards eingehalten werden, zum anderen aber auch die Möglichkeit gibt, dass Leser “ihre” Bücher finden. Wenn man dabei einen Kontrapunkt zu amazon setzen will, ist es nicht mit “Rechnen” getan, sondern es wird erfordern, dass sich reale Menschen zu Buchempfehlern machen, und zwar zu objektiven. Also das tun, was die viele engagierte Blogger tun und was gute Buchhändler tun: Ihre Kunden kennenlernen und ihnen passende Lektüreempfehlungen geben. Das heißt aber, dass die "Empfehlenden" unvoreingenommen sein müssen und offen für alle Wege.

Ein Wer-kennt-Wen für Bücher … Ein Portal, in dem LESER und GESCHICHTEN(schreiber) zueinanderfinden … Mein Zukunftstraum!

Herzliche Grüße
Nikola

PS:
Kleine "Wkws" gibt es ja schon jetzt ... Rastplätze für Bücher(Leute) & Leser:

Das Literaturcafè - Der Treffpunkt für Leseinteressierte im Netz!
Buchtipps + Filmtipps von Dieter Wunderlich
NEU: Arvelle - Online-Literaturmagazin - Außergewöhnliche Tipps, schön verpackt :)
SteglitzMind - Eine lesenswerte literatrische Begegnungstätte 
Was mit Büchern - Die bunte Welt der Bücher - ein engagiertes Projekt von Leander Wattig
eBookLeben - Für eBook-Liebhaber & Neugierige


 

2 Kommentare:

  1. liebe nikola,

    ich verstehe dich sehr gut. ich bin einen ziemlich ähnlichen weg gegangen (und gehe ihn noch). zuerst aus der not eine tugend gemacht und nun aus überzeugung und aus gründen der loyalität meinem geschriebenen gegenüber.
    ich möchte mich nicht verkaufen. auch nicht meine texte. wenn, dann meine bücher. aber es müssen "meine" sein, wenn mein name draufsteht ...

    ich wünsche dir viel freude und erfolg auf deinem weg und grüße dich herzlich
    evelyn

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  2. Hallo Evelyn,

    das Schöne ist, dass "wir" offenbar immer mehr werden :)
    Ich bedaure diese "Vermainstreamung" in den (vorwiegend großen) Verlagen sehr. Fantasie, Kreativität, Originalität... alles das wird zunehmend geopfert für eine auf den ersten Blick "schöne", auf den zweiten Blick langweilige gleichgeschaltete (Lese-)welt, in der es nur noch wenige große Schubladen gibt.

    Liebe Grüße zurück!
    Nikola

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