Samstag, 16. März 2013

Messegespräche (2). Wir alten Deppen!

Seit Jahr und Tag gehört es zu Bertis und meinen Gewohnheiten, am Samstag über die Buchmesse zu bummeln. Mindestens drei Bier-Abende bereiten wir uns auf diesen Tag vor, denn es gibt jede Menge zu erzählen, will heißen: Berti erklärt mir, welche Bücher wir uns anschauen sollten, welche Verlage wir besuchen müssten, und ich höre zu und freue mich, Berti glücklich zu sehen. Auch dieses Jahr war das nicht anders, wir waren gespannt auf das, was es zu entdecken gäbe, auf das Unverhoffte, Zufällige, und am Freitagabend gestand ich, dass ich einen Teil des Tages schon verplant und mit einem angehenden Autor einen Termin abgemacht hätte. Berti war erstaunt, aber neugierig. Das war ich allerdings auch.
 
Ein Höhepunkt, das stand fest, würde wie in den vergangenen Jahren der Besuch der Antiquariatsmesse sein, jener exklusive Bereich, in dem die alten Bücher Geschichten und Geschichte erzählen, eindringlich unaufdringlich. Sie flüstern hinter Glas und aus Holzregalen, und obwohl es ja nicht möglich ist, meine ich ihren Atem zu riechen, diese sentimental machende Mischung aus Muff und vergilbtem Papier, die einem entgegenströmt, wenn man ein sehr altes Buch aufschlägt. Es war, als legte jemand einen Schalter um, und plötzlich ist man in einer anderen Zeit gelandet, so ähnlich, wie es mir immer geht, wenn ich, was leider nur noch selten vorkommt, dieses unnachahmliche Potpourri aus Leder, Kleber und Schuhcreme rieche, das mich an den alten Schuster erinnert, der früher hier im Viertel seine Werkstatt hatte, mit all diesen geheimnisvollen Werkzeugen darin und deckenhohen Regalen voller verstaubter Treter, die aussahen, als stünden sie schon Jahrzehnte dort. Aber dieses Jahr war alles anders.

Die erste Enttäuschung bereitete uns Herr Hundekötter. Man soll ja keine Vorurteile haben, aber er sah nicht nur genau so aus, wie man sich einen Menschen mit diesem Namen vorstellt, der zu allem Unglück auch noch Versicherungsvertreter ist, wie er uns wortreich erklärte, sondern er redete auch so. Zum Glück hatte er wenigstens genügend Anstand, uns keine seiner vorzugsweise vertriebenen Policen gegen Erdbeben und Glasbruch aufzuschwätzen.

Ich hatte gedacht, wir tränken irgendwo gemütlich einen Kaffee, gingen dann vielleicht zusammen zu einer Lesung. Aber Zuhören war nicht Herrn Hundekötters Thema. Ein Buchhändler und ein Verleger! Ich hatte das Gefühl, der glaubte, mit uns im Lotto gewonnen zu haben. Er hörte nicht auf zu berichten und zu klagen, über seinen wunderbaren Roman, über sein aufopferungsvolles jahrelanges Schreiben und sein verzweifeltes Bemühen, als Autor Fuß zu fassen, über all die ignoranten Verlage, die sein Talent und sein epochales Werk verkannten, und die nicht minder ignoranten Buchhändler, die sich weigerten, sein Erstlingswerk ins Regal zu stellen, ein schmaler, lieblos editierter Gedichtband, den er stolz aus seiner Aktentasche zog, bei dem – ein Anlesen genügte – der Inhalt der Aufmachung entsprach. Begeistert sei sein Verlag gewesen, nachgerade hingerissen von dieser sprachlichen Urgewalt! Und immer noch werde das Werk neu aufgelegt, obwohl es schon Jahre alt sei. Und das auch noch zum Schnäppchenpreis! Leider, leider, sei es ihm nicht möglich, seinen großen Roman ebenfalls in diesem wunderbaren Verlag zu verlegen, weil es finanziell für ihn nicht leistbar sei. Ich wagte den Einwand, dass es nach meiner Auffassung Aufgabe eines Verlegers sei, Bücher nicht nur zu publizieren, sondern auch zu finanzieren. Herr Hundekötter widersprach vehement, und außerdem: Behauptete ich nicht auch, Verleger zu sein? Dabei hätte ich nicht mal ein einziges Buch im Programm, aber er könne sich eine Zusammenarbeit wirklich wunderbar vorstellen und käme mir auch gern mit dem Preis entgegen. Ich sah ein, dass es besser war, das Thema zu beenden.

Und Berti? Machte gute Miene zum geschwätzigen Spiel, nippte an seinem Kaffee, nickte ab und zu und sagte hm. Nach zwei Milchkaffee, einem Espresso und einer guten Stunde Vortrag über die Saga derer von Hundekötter, angefangen im Mittelalter bis kurz vor der Jahrtausendwende, verlor er dann doch ein bisschen die Geduld. Er schaute Herrn H. mit dem typischen Berti-Blick an und fragte freundlich: „Dürfte ich Ihnen eine Frage stellen?“ Kurze Pause. Nicken. „Wann haben Sie zuletzt ein Buch gelesen, Herr Hundekötter?“

Ich erwartete eine ausschweifende Rechtfertigung, aber Berti schaffte es mal wieder: Der Herr Autor setzte an, etwas zu sagen, überlegte es sich anders, grummelte irgendwas von keine Zeit mehr, und wichtige Termine, trank den kalten Kaffee aus, nahm sein Manuskriptpaket, und weg war er.
„Du hättest die Frage eine Stunde früher stellen sollen“, sagte ich.
Berti lächelte. „Ich glaube, früher hätte sie nicht gewirkt.“

Froh, nicht mehr reden zu müssen, schlenderten wir durch die Hallen, vorbei an blutigem Gemetzel und zähnefletschenden Vampiren, wir passierten Galerien historischer Frauenporträts ohne Porträt und Sonnenuntergänge mit Wegen und Wasser und Wehmut von Down Under bis Cornwall; es gab jede Menge kitschiges Alpenaccessoire und Dorfambiente neben nicht minder häufigem grusligem Grausen; und drei Gänge weiter die Histo-Schmonzetten, eine ganze Wand in Rosa-Lila.

Waren die Bücher im vergangenen Jahr auch so aufdringlich bunt? So austauschbar in Titel und Texten? Alles um uns herum schien zu schreien: Verstörend! Berührend! Hochspannend! Tiefgründig! Der absolute Lesegenuss! Der super Thriller! Ich stellte mir vor, dass am Abend vor der Messe-Eröffnung eine ganze Kompanie Werbefuzzis Dutzende Wägelchen mit Slogans und Säcken voller Ausrufezeichen beladen hatten, durch alle Hallen gezogen waren und den Inhalt ziel- und planlos auf Wände, Plakate und Ankündigungstafeln geworfen hatten. Und zwischen all diesem Wörter-Gewusel gab es Kochbuchköche, die ihre Leser live becookten, und spirituelle Teebuchautoren zeremonierten spirituelle Tee-Zeremonien, und wir querten Super-Locations und Mega-Events und ein Zentrum für Story Drive und Cross-Media und Hot-Spots und, ach, Content fanden wir auch, verschämterweise nur auf Englisch.

Aber hatte es all das im vergangenen Jahr nicht auch schon irgendwie gegeben? Warum fiel es uns ausgerechnet dieses Mal so übel auf? Weil die Bücher nicht mehr nur mit Farben brüllten, sondern auch noch anfingen zu flattern, zu flimmern und zu knattern? Books and Games, Brot und Spiele. Digital ist überall.
Und Berti guckt mich mit der strengen Variante seines Buchhändlerblickes an und sagt: „Es gibt gute und schlechte Bücher, und es gibt Druckwerke, die wie Bücher aussehen. Letztere sollte man nicht dadurch adeln, dass man über sie spricht.“

Wir verließen den Marktplatz der Schreier, folgten weniger frequentierten Gängen, studierten Bücher von Verlagen, an deren Stand nicht mal Platz für einen Tisch mit Kaffeetassen und Keksen blieb. Wir trafen Bücherleute, weniger als im vergangenen Jahr, ein kleiner Verlag, zu dem Berti unbedingt wollte, hatte kurzfristig abgesagt, die Koje war leer. Ein trostloser Anblick. Berti blieb irgendwann stehen, schaute sich um, breitete die Arme aus, und sagte: „Gibt es ein besseres Argument für die Abschaffung des Gedruckten als das hier?“
Zwei Damen lächelten und nickten, und wir lachten los und ernteten empörte Blicke. Zurecht. Wir alten Deppen! Und dann gingen wir zu den alten Büchern, und es war himmlisch.

(c) Thoni Verlag

Freitag, 15. März 2013

Messegespräche (1). Olivenöl Extra.

Annabelle Chanson, A. C. Dacon, oder wie war das noch mit den ulkigen Pseudonymen??

 
Jedes Jahr das gleiche Spiel: Eigentlich habe ich keine Lust, mich in dieses Messegetümmel zu stürzen, all die Büchermassen zu sehen, das frustriert mich jedes Mal aufs Neue, weil ich mir vorstelle, wie viele Leser es bräuchte, dass sie alle gekauft, gelesen, gewürdigt würden, und dazu kommt die Furcht, dass ich darin verschwinden könnte mit meinen Werken, dass ich unterginge in diesem gigantischen Bücher-Mehr, das sich speist aus einem endlosen Strom gedruckter Wörter, die neuerdings auch noch in allen möglichen Formen digital verwurstet werden. Allerdings bin ich in dieser Hinsicht hoffnungslos altmodisch: Das wunderbare Gefühl, in einem Buch zu blättern, es zu tasten, zu riechen, kann mir der hippste eReader nicht ersetzen. Das Problem ist: meinen Kindern schon. Bücher lesen ist dem Jungvolk von heute zu anstrengend. Und ich befürchte, das ist erst der Anfang. Meine Enkel werden meine sorgsam aufgebaute, geliebte Bibliothek dereinst womöglich zur Dämmung zwischen den Dachsparren einsetzen. Und ich degeneriere zur dementen Omi, die weiterhin stur mit der Kutsche reist in Zeiten von Flugzeug und ICE.
 
Sei`s drum. Ich war ja nur sekundär als Leserin auf der Messe, und primär: als gefragte Produzentin von angesagtem Content; auf Altdeutsch: Die erfolgreiche Autorin beehrt sich! Lächelt. Schreibt Fans geduldig die immer gleichen Sprüche in die Bücher, lächelt noch mehr, freut sich über Lob und ehrfurchtsvolle Blicke, über Lesegetreue seit Band eins, über Bücherwürmer, die ihre vergilbten HC-Ausgaben aus der Tüte kramen und mit leuchtenden Augen fragen: "Könnten Sie bitte Für Annika, eine begeisterte Leserin, dazuschreiben? Mit doppel-N, bitte?"
 
Und für Eva und Alex und Silvia und Cornelia und Susanne … die Star-Autorin macht das natürlich gern, sie fühlt sich gehuldigt, kurz vor der Verleihung des Messestand-Nobelpreises sozusagen. Das geht runter wie ein Löffelchen Natives Olivenöl Extra! Und Kaffee gibt’s, und O-Saft und statt Mittagessen wegen der vielen Termine einen Apfel und wie immer viel zu viel Konferenzgebäck.
Meine Lektorin strahlt, die Reporter schreiben brav auf, was ich sage, und die Fotografen fotografieren mich, vor, ach: diese Bücherwand! Vergessen ist die schlechte Laune ob der Farbkomposition und des einfallslosen Titels! Vergessen, dass ich kein Lila mag und Rosa seit Kindheitstagen hasse; diesem geschätzten zwei auf drei Meter Höhemalbreite-Argument kann man sich nicht entziehen! Die Leute bleiben stehen und staunen, murmeln, schauen zu mir, murmeln wieder, gehen andächtig weiter. Womöglich haben die Marketingfuzzis doch recht, ein bisschen zumindest, sei`s drum: ES IST BEEINDRUCKEND! MEINE Bücher! Annabelle Chanson schwebt durch die Hallen, wird erkannt, grüßt, schüttelt Hände, lächelt, lacht, signiert auf dem Gang, lächelt mehr, macht Smalltalk, VIP für Messe-Gänger, drei Minuten, weiter geht`s.

Geplant zufälliges Vorbeischlendern am Kitty-Stand: Jetzt hüpft das Herz von A. C. Dacon, auch hier erheben sich die richtigen Bücherberge über der anderen Bücherseen: Gleich drei Kitty-Morde werden präsentiert, wenn auch insgesamt zwei Nummern kleiner als bei Annabelle Chanson. A.C. Dacon gönnt es der Kollegin, und das Öl flutscht nur so. Zurück am Stand, Info von der noch immer strahlenden Lektorin: Es sind weitere Lizenzen der Leidenschaften verkauft. Niederlande, Belgien, Japan auch. Und Gespräche mit den USA laufen. MIT DEN USA!!! Eine Mitarbeiterin, seufzend: „Ihr neuer Roman steht auf der Hitliste der geklauten Werke ganz oben.“
Wenn das nicht Flügel verleiht?
 
 
(c) Thoni Verlag
Fortsetzung folgt ...

Mittwoch, 13. März 2013

Der Klappe den Garaus

Himmel, auch: Mein Briefkasten ist kaputt! Das schöne Stück von Erbtante Rosie, Gott hab sie selig, mit der besonders praktischen großen Klappe! Was hat die alles geschluckt: die Tageszeitung und mein Sportmagazin, Werbepost und Rechnungsstapel, Versandhauskataloge und Gewinnbenachrichtigungen, ach ja, und jahrelang die lustigen Briefe von Hans, dem Schelm und die herzlichen von Hanna, meiner Brieffreundin von Norderney, die gern mal ein bisschen norddeutsche Atmosphäre schickte, also Strandsand, algengrüne Steine und selbstgeernteten Samen aus ihrem Garten in gepolsterten Umschlägen. Einfach aussäen, mein Lieber. Das ging alles problemlos rein in meinen prima Briefkasten! Dann kam das Internet, und Hans ging online und Hannachen, in memoriam, für immer offline, und meine hübsche Klappe fing über die Jahre wegen Arbeitsmangel ein bisschen zu quietschen und zu rosten an, aber sie hat weiter klaglos ihre Dienste getan, und jetzt das: unreparabel rausgebrochen! Wehrlos ausgeliefert roher Gewalt! Die Briefträger sind auch nicht mehr das, was sie mal waren: Brutal hineingestopft hat der gute Mann diesen dicken braunen Umschlag, der meiner Klappe den Garaus machte. Was da wohl drin ist?

Lieber Herr Verleger,
meinen Sie nicht, dass es ein überaus dummes Konzept ist, einen Verlag zu gründen, in dem keine Manuskripte verlegt werden? Das ist ja wie ein Buchladen, in dem es keine Bücher zu kaufen gibt …

Ich erlaube mir die Anmerkung: In so manchem multimedialen Büchertempel muss man tatsächlich recht lange suchen, um Bücher zu entdecken … und außerdem: Berti findet mein Konzept genial, er würde es gern analogmäßig übernehmen, müsste er nicht jeden Monat für seinen Buchladen die Miete überweisen … aber weiter:

Sehr verehrter, lieber Herr Verleger,
ich möchte Ihnen gleichwohl schreiben, denn ich habe ein Manuskript verfasst, das Sie unweigerlich in Ihren Bann ziehen wird! Egal, welches Verlagsprogramm Sie auch immer haben oder nicht haben: An DIESEM Werk kommen Sie nicht vorbei. Das ist das Buch, auf das die Menschheit seit dem Krieg gewartet hat, und Sie sind auserkoren, es zu veröffentlichen! Ich schicke Ihnen die ersten tausend Seiten (LESEPROBE) der auf vierzehn Teile angelegten Saga gleich mit, und ich bin sicher, die Lektüre wird für Sie ein unvergessliches Erlebnis sein. Das, was ich geschrieben habe, ist ohne Untertreibung supermegawunderbar, sogar Tante Erna ist meiner Meinung und das ist sie sonst nie, und meine Mutti in der Seniorenresidenz, die hat sogar geweint beim Lesen vor Rührung. Sie hat nämlich jetzt eine neue Brille und kann wieder supigut sehen. Trotzdem sollten Sie vielleicht bei der Veröffentlichung erwägen, die Schriftgröße nicht ganz so klein zu machen. Meine beste platonische Freundin, die Almut im Allgäu, mag meine Geschichte übrigens auch. Wie aus dem richtigen Leben gegriffen, sagt sie. Und dass ich das wirklich fertiggekriegt habe! Alle Achtung, das hätte sie mir gar nicht zugetraut. Kann ich mit dem Erscheinen meines Werkes zur diesjährigen Buchmesse in Frankfurt rechnen?


Woher weiß der bitteschön, dass ich einen Verlag gegründet habe, wo doch nicht mal was davon in der Zeitung stand? Was soll ich jetzt machen? Na gut. Höflicherweise ein bisschen lesen, immerhin hat sich da doch jemand jede Menge Arbeit gemacht. Hm. Ich hatte ein Ausreichend in Deutsch und finde acht Fehler auf der ersten Seite. Auf der zehnten wird immer noch die Straße beschrieben, auf der die verlorene Tochter nach langen Jahren sich erinnernd reumütig heimkehrt. Ich fange an, an der Qualität von Muttis Brille und Tante Ernas Charakter zu zweifeln. Aber ich beruhige mein schlechtes Gewissen: Ich muss ja nicht weiterlesen, das Werk passt nun mal definitiv nicht in mein Verlagsprogramm. Ich setz mich also hin, grüble ein bisschen und schreibe eine, wie ich finde, überaus wohlwollende Absage. Ein Blick zur Uhr: Das wird eng mit Berti und dem Bier heute Abend.

Werter Herr Autor,
es ehrt mich sehr, dass Sie Ihr wertvolles Buchprojekt meinem bescheidenen Verlagshaus anvertrauen möchten. Ihre Geschichte ist originell erzählt, und bitte verstehen Sie es nicht als Kritik an Inhalt oder Stil, aber Manuskripte passen nun mal überhaupt nicht in unser Verlagsprogramm. Ich bedaure das sehr. Zur Entlastung schicke ich Ihre Unterlagen zurück. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie vielleicht bei einem anderen Verlag mehr Erfolg haben und wünsche Ihnen für Ihre weitere Autorentätigkeit alles Gute.


Mit freundlichen Grüßen
Ihr VERLEGER.


NACHTRAG:

Ich hab das gleich zusammen mit dem Manuskript zur Post gebracht. Uff! Päckchen-Porto!! Und später ist mir eingefallen: Wie gut, dass ich keinen Verleger unter meinen Freunden habe. Der würde mich für den letzten Satz womöglich köpfen.
 
(aus den Tagebüchern des Verlegers, Fortsetzung folgt ...)
(c) Thoni Verlag, mit freundlicher Genehmigung

Dienstag, 12. März 2013

Der saugemütliche Ohrensessel & dicke Schmöker

Eine Hommage an altmodische Buchläden mit saugemütlichen Ohrensesseln. Für Leute, die Geschichten und dicke Schmöker lieben. Und sich ein bisschen Zeit fürs Lesen gönnen. Immer noch. Auch online.

Frankfurt am Main, in jenem September ...


Werte Besucher!

Eigentlich sollte an dieser Stelle eine journalistisch veredelte Mitteilung als Antwort auf die Frage platziert werden, wie und warum es zur Gründung des Thoni Verlags kam. Das Problem: Ein Reporter mit dem nomen est omen Rudi Ratlos von der örtlichen Tageszeitung NNB (Neues Nachrichtenblatt) hat das Interview mit dem Verleger versaubeutelt. Und jetzt erscheint nix in der Presse, und wäre der Chronist nicht zufällig in Hörweite des Geschehens gewesen, wäre dieses überaus wichtige Ereignis der Menschheit wohl für immer verborgen geblieben.

DAS INTERVIEW.

FRAGE NNB: Sie haben jüngst den Thoni-Verlag gegründet ...

DER VERLEGER: Gegründet ist gut. Ich bin zum Gewerbeamt, hab ein Formular ausgefüllt und 15 Euronen auf den Tisch geblättert. Das war`s.

NNB: Und warum haben Sie das getan?

DER VERLEGER: Ich hatte 15 Euro übrig.

NNB: Ich nehme Sie ernst. Sie sollten mich auch ernstnehmen.

DER VERLEGER: Das ist ein verdammt ernstes Geschäft, ja. Also: Ich habe einen Verlag gegründet, weil ich keine Bücher verlegen will.

NNB: Häh?

DER VERLEGER: Thoni - der Verlag ohne Bücher. Das ist mein verlegerisches Selbstverständnis. Eine Herausforderung. Meine Philosophie. Ich werde das kontinuierlich entwickeln und ausbauen.

NNB: Sie wollen mich verscheißern, oder?

DER VERLEGER: Na, das ist jetzt aber off records, mein Lieber, hm? Aber um bei Ihrer Formulierung zu bleiben: Verscheißert fühle ich mich! Oder besser gesagt, mein Freund Bertram Buchmann, der heißt nämlich nicht nur so, sondern ist tatsächlich Buchhändler. Der hat den kleinen Laden vorn an der Ecke. Vielleicht waren Sie schon mal drin? Nein? Sei`s drum. Berti wird jedenfalls mindestens zweimal pro Jahr von Büchertsunamis heimgesucht, und dann muss er sie irgendwohin stapeln, diese wogenden Massen aus kreischbunter Pappe und Papier, aber im tiefsten Inneren seiner Buchhändlerseele mag er keine kreischbunten Bücherstapel, vor allem, wenn der Inhalt einen Monat lang hipp, und im nächsten schon wieder hopp ist. Da muss er nämlich ständig umräumen. Und dann schwitzt er und kriegt Pickel. Und das juckt und sieht doof aus. Und da hab ich zu ihm gesagt, Berti, hab ich gesagt, meckern kann jeder! Aber ich bin dein Freund, ich helf dir. Und was soll ich sagen? Berti findet mein Verlagsprogramm klasse! Da muss er nämlich null Minuten überlegen, auf welchen Stapel er die Neuerscheinungen legen soll, und jetzt hat er endlich mal wieder Zeit, mit mir ein Bier trinken zu gehen.

NNB: Und warum, in drei Teufels Namen, müssen Sie dafür einen Verlag gründen?

DER VERLEGER: Ich hatte 15 Euro übrig.

NNB: (läuft schreiend davon) Diesen Quark druckt mir doch keiner! Nicht mal online!

DER VERLEGER: (grinst) Der ist neugierig. Der kommt wieder. Wetten?
 
 
(c) Thoni Verlag
 Fortsetzung folgt ...
 
 

Freitag, 1. März 2013

Poesie in Farbe

Ich musste gerade grinsen, als ich den letzten Kommentar las: Tja, die "Hurenkinder" & "Schusterjungen": Für alle, die es NICHT wissen, das sind alleine stehende Zeilen am Anfang oder am Ende einer Buchseite und wer ein Buch professionell setzt, sollte sie tunlichst vermeiden. Ich sag mal so: Die Mädels und Bürschchen sind zuweilen penetrant ...
 
Bei den "Singenden Vögeln", der vierten Ecke im neuen Printquartett meines Verlags, hatte ich damit allerdings weniger Probleme; die "poetischen Gedanken über das Leben" nehmen nur einen kleinen Teil der Buchseiten ein - es ist das erste farbige Buch aus meinem Verlag: eine Geschenkausgabe der bislang nur als eBook erschienenen "HandyPoesie". Die Verbindung von Worten und Bildern ist ja ohnehin ein Faible von mir - für die "Singenden Vögel" habe ich Motive aus Tausenden von Fotos ausgewählt, die ich im Laufe der vergangenen Jahre in meinem Garten aufgenommen habe.
 
Update:
Ja, Lesen im Quadrat macht Freude!




Wer neugierig ist: Auf der Bücherseite in meinem Verlag habe ich eine Lese- und "Schauprobe" eingestellt.

www.thoni-verlag.com

Mittwoch, 27. Februar 2013

Fix und fertig

Ja, das klingt doppeldeutig, und das soll es auch! Während der vergangenen Wochen wurden die Tage nur nach dem Kalender länger, bei mir wurden sie zunehmend kürzer, und die Nächte erst :)
Beim letzten Eintrag habe ich davon geschwärmt, wie wunderbar das Gefühl ist, ein Papierbuch in der Hand zu halten. Und dieses Gefühl wollte ich bald (wieder) mit meinen eigenen Büchern genießen ... Aber vor das Vergnügen ist nun mal der Schweiß gesetzt, und ich gebe zu, dass auch ein bisschen Respekt dabei war bei der Vorstellung, dass ich mein "erstes Papierbaby" bald auf meine Leser loslassen würde. Die Verlegerin hat der Autorin hier und dort tüchtig auf die Finger geklopft, wenn sie zu ungeduldig wurde: Noch mal lesen! Layout umstellen! Da ist noch ein "Hurenkind", und da springt doch glatt ein "Schusterjunge" rum! Beim eBook ist das egal, aber im Print? Geht ja gar nicht! Also: basteln, prüfen, lesen, wieder lesen ... Dann ist der Buchblock fertig, das Cover ruft. Endlich kann ich meine Idee umsetzen, aus meinem Roman ein "besonderes Buch" zu machen, eines, das nicht nur die Geschichte eines geheimnisvollen Gartens durch den Jahreslauf erzählt, sondern das den Lesern den Lauf der Jahreszeiten schon als Eingang präsentiert.
 
Tja, und so habe ich dem "Sommer-Garten", der schon länger erhältlichen eBook-Ausgabe, nun den "Winter-Garten" zur Seite gestellt: eine Taschenbuchausgabe mit "Text pur". Und für diejenigen, die gern in stimmungsvollen Bildern schwelgen, gibt`s den illustrierten "Herbst-Garten".
 
Nachdem die Vorarbeiten gemacht waren, ging es mit dem Veröffentlichen sehr schnell. Und ich wartete bang auf das Belegexemplar. Gestern habe ich es bekommen. Mit Herzklopfen ausgepackt. Wie würde der Druck aussehen? Würden die Bilder wirken? Erleichterung. Stolz. Freude: Was für ein Gefühl, die ersten Printbücher aus dem Thoni Verlag in Händen zu halten! Nicht nur der "Garten" lag im Paket, sondern auch "Die Startbahn". Wenn schon, denn schon!


Und jetzt? Arbeite ich am nächsten Projekt.
Was das ist?
Na lest mal aufmerksam - da fehlt noch eine Jahreszeit beim "Garten" *g*
 
Ich schicke viele Grüße in die Runde und wünsche meinem "Winter- und Herbst-Garten" viele interessierte (Papier-)Leser ...
 
Nikola
 
PS: Ich habe im Verlag aufgeräumt und für meine Leser (hoffentlich ansprechende) "Zimmer zum Papier- und eBook-Stöbern" eingerichtet: www.thoni-verlag.com

Und hier ist er nun, mein "Garten auf Papier" ... und "Die Startbahn" stelle ich gleich mit dazu.

Donnerstag, 31. Januar 2013

Von der Freude, Papier zu spüren

Ja, es ist eine Herausforderung sich zu überlegen, wie man eine Geschichte fürs elektronische Lesen aufbereitet, ja, es macht Spaß, die Mittel und Möglichkeiten zu nutzen, die nicht nur das e-Publizieren, sondern auch das e-Lesen bietet. Aber gestern war ein Tag, an dem ich wieder mal gemerkt habe, wie wunderbar dieses Material ist, das sich Papier nennt ... Schon als ich im vergangenen Sommer meinen Verlag gründete, war mir klar, dass ich irgendwann neben der elektronischen auch wieder die Papier-Schiene bedienen wollte. So sehr ich selbst inzwischen zum begeisterten e-Leser geworden bin, sosehr liebe ich das Gedruckte: Meine "Papierbibliothek" wollte ich um nichts auf der Welt missen; meinen Reader allerdings auch nicht mehr. Und in meinem Verlag beides zusammenbringen. Irgendwann. Irgendwie.
 
Was soll ich sagen? Ich bin auf dem Sprung! Natürlich ist es heutzutage kein Problem, irgendwo Bücher drucken zu lassen, aber es geht ja bei einem Buch mehr als um irgendein Druckwerk, das dann irgendwie verteilt wird oder nicht. Es geht darum sich zu überlegen, wie man die erzählte Geschichte präsentiert, in welche Form man sie gießt. Gut, das gilt ebenso fürs eBook, auch wenn viele meinen, das Layout hier vernachlässigen zu können. Ein schlampig gemachtes Buch ist eine Beleidigung des Lesers, egal auf welchem "Kanal".
 
Doch zurück zum Papier und meiner Freude. Die Fragen, die ich mir als Verlegerin stellen muss(te), waren simpel: Welche Anbieter gibt es, und welche Angebote machen sie? Und, ganz wichtig: Ist es finanziell vertretbar, sie zu nutzen? Will heißen: Lassen sich Bücher auch in kleinerer Auflage zu einem Preis herstellen, den die Leser bereit sind zu zahlen? Und steht das so hergestellte Buch dann noch für die Philosophie meines Verlags, eben schöne Bücher zu machen?
 
Inspiriert vor allem durch Eure vielfältigen Kommentare, Mails und Reaktionen, die teilweise ja schon den Anflug von Trauer hatten: Wie? Deine neuen Bücher gibt`s gar nicht im Print?, habe ich intensiv darüber nachgedacht, wie ich das ändern könnte. Ich werde also in den kommenden Wochen einen Versuch starten! Die Vorsondierung ist abgeschlossen, ich habe mich entschieden, es auf zwei Kanälen anzugehen, und im Rahmen dieser Vorgespräche fragte mich dann mein avisierter Druck- und Vertriebsdienstleister, ob ich denn schon die Papiersorte ausgesucht hätte. Sie könnten mir gern mal entsprechende Proben schicken. Das mag für Einige jetzt ein bisschen seltsam klingen, aber für einen solchen Bücherwurm wie mich war das wie Weihnachten!
 
Ja, und gestern lag das Päckchen in der Post: Adressiert an den Thoni Verlag. Preislisten für den Druck, Vorgaben für die Übermittlung der Druckdateien; ich wusste, was mich diesbezüglich erwartet und habe mich seit Monaten in die Materie eingearbeitet. Geschäftspost halt. ABER dieses kleine, feine Heftchen ... Ich berührte das Papier und war glücklich. Ja, es wird ein Unterschied sein, welches dieser Papiere ich für den Druck aussuche. Und für den "Deckel" nehme ich ... ? Ich bin SO gespannt, wie das erste gedruckte Buch aus meinem Verlag aussehen wird! Durch den winterlichen Virenangriff bin ich zwar etwas in Verzug geraten, aber um es frei mit den Worten von Nikodemus aus dem "Garten der alten Dame zu sagen": Dann kann ich das Warten aufs Freuen länger genießen!
 
In diesem Sinne: Ich werde über die weiteren Fort-Schritte berichten ;)
Bis bald in der "Stube"
Nikola