Neues vom Verleger:
Kneipengespräche bei Willi um die Ecke, Donnerstagabend, irgendwann
DerVERLEGER
(ruft quer durch den Raum): Willi! Bringst du mir noch ein
Bier?
Willi
(ruft zurück): Das ist schon das
vierte!
DerVERLEGER: Ist mir egal!
Eddy Weber
(sitzt am
Tresen): Mir auch eins, bitte.
(Willi zapft gemächlich zwei
Bier. Sieben Minuten später. Stellt Eddy das Bier hin, bringt dem VERLEGER das
zweite.)
Willi: Wo hast du denn deinen Herrn
Buchmann gelassen?
DerVERLEGER: Der hat schon genug für
heute.
Willi: Hm.
DerVERLEGER: Tja.
Willi: Jo, also, dann.
(Verschwindet wieder hinter dem Tresen.)
Eddy: Ist dem die Frau
weggerannt?
Willi: Nö.
Eddy: Sondern?
Willi: Hat einen
Verlag gegründet.
Eddy
(interessiert): Ach, tatsächlich?
Willi: Hm.
Eddy: Und jetzt läuft`s nicht, oder was?
Willi:
Hm.
Eddy: Hat er schon einen Leiter für die
Marketingabteilung?
Willi: Häh?
Eddy: Ich frag ihn am besten
selbst.
(Nimmt sein Bier und geht zum Tisch des VERLEGERS.) He, Kumpel!
Darf ich mich zu dir setzen?
DerVERLEGER: Kennen wir uns?
Eddy:
Noch nicht. Aber du wirst es nicht bereuen, ich versprech`s.
(Setzt sich und
trinkt einen Schluck.) So ein frisch Gezapftes hat was.
DerVERLEGER:
Sie trinken nicht oft Bier, was?
Eddy: Warum?
DerVERLEGER: Mein
Freund und ich versuchen seit Jahren, Willi zu überzeugen, dass drei Minuten
fürs Zapfen reichen.
Eddy
(streckt ihm die Hand hin):
Eddy.
DerVERLEGER: Hm.
Eddy: Kannst auch Ad sagen. Das sagen
alle.
(Macht eine kleine Pause, nippt am Bier. Grinst.) Ich habe
gehört, dass du einen Verlag gegründet hast und wollte dir einen Deal
vorschlagen. Ich bin nämlich Marketingexperte. Und hab gerade zufällig ein
bisschen Luft für neue Aufträge.
DerVERLEGER: Ich glaube, ich hab da
keinen Bedarf für.
Eddy: Die meisten Unternehmen gehen nicht kaputt,
weil sie schlechte Produkte anbieten, sondern weil die Inhaber keine Ahnung
haben, wie sie sich richtig vermarkten! Glauben Sie`s mir: Wer den Leuten was
verkaufen will, muss ein vernünftiges Marketingkonzept
haben!
DerVERLEGER: Ich will nichts verkaufen.
Eddy: Ein Verlag
druckt Bücher, oder? Und die sollen …
DerVERLEGER
(trinkt einen
großen Schluck): Der Name ist Konzept genug, find ich.
Thoni - der
Verlag ohne Bücher.
Eddy
(stutzt einen Moment, lacht):
Super, das! Ein Verlag ohne Bücher! Wer hat sowas schon gehört! Das ist
…
DerVERLEGER: Eine ziemlich spinnerte Idee, ich weiß. Ich wollte auch
eigentlich nur meinem Freund Berti helfen. Der ist Buchhändler und muss immer
stapelweise Bücher verkaufen, die er nicht mag. Und, noch schlimmer: ständig die
Stapel umräumen, weil Neues kommt oder das Alte nicht mehr gefragt ist. Wobei
alt so ungefähr zwei bis vier Wochen umfasst. Und wenn ich ihn fragte, ob er
mitkommt ein Bier trinken,
(trinkt bei der Gelegenheit sein Glas leer),
hat er immer Ausreden gehabt. Von wegen viel Arbeit und so. Na ja, hab ich
gedacht, wenn er privat nicht will, mach ich es eben geschäftlich. Dann kann er
nicht Nein sagen. Wenn der Verlagsinhaber sogar selbst kommt und das Programm
vorstellt. Außerdem wollte ich ihn mal wieder lachen sehen.
Eddy
(bekommt langsam glühende Wangen): Das ist genial! Sowas habe ich noch
nie gehört! DAS kann man vermarkten, bis die Bude qualmt! Ich sag`s dir,
Kumpel!
DerVERLEGER: Aber ich will doch gar nichts
verkaufen!
Eddy: Sag mal, bist du so dumm oder tust du nur so? Klar
willst du was verkaufen! Deine Idee! Die Idee, die hinter dieser Verlagsgründung
steckt! Und sag mir nun nicht, dass da nicht noch was anderes dahinter ist.
DerVERLEGER: Willi! Noch ein Bier!
Eddy: Na, komm, sag
schon!
DerVERLEGER: Mein Briefkasten quillt über vor
Manuskripten.
Eddy: Das ist prima!
DerVERLEGER: Das ist Mist! Die
Klappe ist schon kaputt gegangen von all dem Zeug, und das Zurückschicken kostet
pro Tag mehr Porto als die Anmeldung des Verlags beim
Gewerbeamt.
Eddy: Du willst mir jetzt nicht erzählen, dass du
Manuskripte zurückschickst?
DerVERLEGER: Warum? Was ist falsch
daran?
Eddy
(schüttelt den Kopf): Ich sag dir jetzt mal was: Du
brauchst dringend einen Marketingschef, einer, der dir sagt, wie du deine
geniale Idee unter die Leute bringst, und zwar so, dass das monetär vertretbar
ist.
DerVERLEGER: Monetär vertretbar …
(Die Tür geht auf,
Reporter Rudi Ratlos vom NNB kommt herein. Schaut sich um. Sieht den VERLEGER,
überlegt kurz und kommt zum Tisch.)
Rudi: Guten Abend. Schön, dass
ich Sie treffe. Ich müsste dringend einen neuen Termin mit Ihnen ausmachen.
DerVERLEGER: So. Und warum?
Rudi: Ähm, ja. Vielleicht sollten wir
es doch noch mal mit einem Interview versuchen?
DerVERLEGER: Das letzte
war nicht besonders erfolgreich.
Rudi: Wann hätten Sie
Zeit?
DerVERLEGER: Also, eigentlich … gar nicht.
Eddy: Natürlich
hat er Zeit. Haben Sie ein Kärtchen? Ich rufe Sie an.
DerVERLEGER und
Rudi
(gleichzeitig): Wie bitte?
Eddy
(grinst und streckt
Rudi die Hand hin): Eduard Weber. Thoni-Verlag. Marketingabteilung. Also?
Rudi
(zückt beeindruckt seine Visitenkarte und händigt sie aus):
Könnten Sie mir sagen, wann …
Eddy: Ich rufe Sie an, ja? Ach, und
keine Sorge: Sie kriegen ein Exklusiv-Interview.
Rudi: Sicher?
Eddy: Sicher.
(Rudi geht zufrieden zur Theke und bestellt
ein Bier. Eddy neigt sich zum VERLEGER.)
Eddy: Siehst du, so flunzt
das!
DerVERLEGER: Warum hast du mich nicht ausreden lassen. Jetzt musst
du telefonieren wegen des Termins. Dabei hätten wir es doch gleich jetzt
abmachen können.
Eddy: Ts! Kumpel, du brauchst wirklich dringend einen
Marketingexperten. Bist du morgen Abend wieder hier?
DerVERLEGER:
Wahrscheinlich.
Eddy: Gut. Dann bis morgen. Bis dahin hab ich auch ein
Grobkonzept.
DerVERLEGER: Also, ich bin der Meinung …
Eddy
(grinst): Keine Sorge! Ich mach das ganz umsonst. Wenn der Laden erst
brummt, können wir gern über eine vernünftige Honorierung reden. Und weißt du
was, Kumpel? Ich bin tausendprozent sicher, dass der Laden brummen wird! Und
jetzt gehen wir beide schön nach Hause.
(DerVERLEGER will
protestieren. Eddy deutet in Richtung Theke.)
Eddy: Der Schmierfink
da drüben wartet doch nur, bis ich weg bin. Dann wird er versuchen, dir die
Infos für lau rauszusaugen. Aber so läuft das nicht!
(Willi kommt
mit dem Bier).
Eddy: Alles auf meine Rechnung. (
Deutet auf das
Bier.) Und das bringst du dem Herrn Journalisten. Mit besten Grüßen vom
VERLEGER.
(c)
Thoni Verlag