Freitag, 30. August 2013

Garten und Fantasie - alleingelassen

Nein, mein Garten war nicht zu beneiden während der vergangenen Monate, oder vielleicht doch? Keine Zeit hatte ich fürs Unkrautjäten, keine fürs Blumenpflanzen, nur die Minuten fürs Gießen knapste ich mir ab, was zum Glück ja nicht häufig nötig war, da der Himmel das Gießen, von wenigen Wochen Hitze mal abgesehen, zumeist dankend übernahm. "Was macht ein Garten ohne Gärtner? Weiterwachsen." Und wie! In-Ruhe-gelassen-werden kann befruchtend sein, NICHTS zu tun den Blick für Neues öffnen. Das liegt selten klar auf der Hand, aber wenn man die gefühlten dreiundzwanzig Tonnen Unkraut weggejätet hat, findet man Ein- und Ausblicke, die es so nicht gegeben hätte, wäre man rührig gewesen, hätte mehr eingegriffen.

Der Garten ist ein wunderbares Symbol für das Leben; er erzählt so viel, und man kann mit ihm so viel erzählen - auch reden, gewiss, aber das ist hier nicht gemeint. Monatelang habe ich kaum einen Fuß hinausgesetzt ins Grün, im Vorbeigehen ein paar Tomaten genascht und gedacht: Irgendwann musst du ran, die Wege freimachen.

Heute war es soweit, aber das habe ich schon im Gartenblog beschrieben, hier geht es um die anderen Wege, die freizumachen waren, die jede Menge Jäten, Säen, Wässern erforderten. Es ist geschafft, der Boden ist bereitet - jetzt muss es nur noch keimen, wachsen, gedeihen. Der Gärtner braucht Geduld. Und ich freue mich auf Urlaub.

Bis demnächst aus der Schreibstube ...

Nikola

PS:
Zum Garten-Jäten ...
Zum Buchstaben-Jäten ...


Freitag, 2. August 2013

Post vom Anwalt und ein Abschied ...

Es gibt solche Momente, in denen man sprachlos ist ... Heute Abend beim Lesen in meinem Twitter Account war es so weit: "7600 Euro für einen Lokalzeitungstext/Journalist verklagt Musikerin Scarlett O´." Gut, die Diskussion um die sogenannten "Pressespiegel" ist nicht neu, und im Oktober soll es eine Entscheidung zur Verwendung von Rezensionsausschnitten aus Zeitungen im Rahmen der Buchwerbung geben. Und, auch ja: Streng juristisch genommen greift hier das Zitatrecht nicht. Und, ja: Menschen, die (professionell) schreiben, sollen damit auch Geld verdienen dürfen. Und noch mal ja: Das Urheberrecht gilt auch im Internet. Und für Pressetexte. Alles klar?
 
Nein. Nicht mal juristisch ist alles klar. Das bedeutet aber, dass jemand, der nicht seine Tage damit verbringen will, anwaltliche Schreiben zu konsumieren, Konsequenzen ziehen muss. Dass Abschied genommen werden muss von lieben, alten Gewohnheiten, die jahre-, ja, jahrzehntelang üblich waren, die allen, die daran beteiligt waren, irgendwie genutzt haben. Und hier ist der kleine, aber feine Unterschied zur "gewöhnlichen" Urheberrechtsverletzung: Es geht nicht darum, dass jemand einen fremden Text ungefragt veröffentlicht, zu dem keinerlei Beziehung besteht. Scarlett O´ bringt es sehr schön auf den Punkt: Wenn es mich als Künstlerin nicht gäbe, hätte der Journalist nichts zum Schreiben.
 
Diese gute, alte Gewohnheit war eine typische Win-win-Situation: Der Journalist berichtet über Musiker und Schriftsteller, er geht zu Veranstaltungen, und selbstverständlich zahlt er nichts dafür. Wird ebenso selbstverständlich gratis bewirtet, wenn es denn Bewirtung gibt, und dass er, im Falle, er beschäftigt sich mit einem Autor, ein Gratis-Exemplar des Buches bekommt, das er besprechen will, gehört natürlich auch zum Angebot. Die Meinung des Journalisten kann der Künstler damit nicht "kaufen", aber wie hat das jemand so schön formuliert? Die Pressemappe eines Künstlers ist sozusagen sein öffentlicher Arbeitsnachweis. Aufmerksamkeit ist die Währung, in der hier bezahlt wird. Von beiden Seiten. Im Gegensatz zum Autor, der sich spannende, interessante Geschichten ausdenken kann und darf, muss der Journalist das nehmen, was die Wirklichkeit ihm anbietet und damit seine Leser locken. Kunst und Kultur sind sozusagen die Köder. Es kann sein (und kommt gar nicht so selten vor, wie wir Künstler alle leidvoll wissen), dass man die gewünschte Aufmerksamkeit nicht erhält - oder dass die Veröffentlichung nicht "in unserem Sinne" ist, sprich: ein Verriss.
 
Die Künstlerseele schaudert`s, aber aus der Sicht der Konsumenten (Leser, Musikhörer, Kunstliebhaber): wunderbar! Als Leser kann ich das schöne Gefühl haben, dass da jemand objektiv schreibt und dann auch die gute Kritik als ehrlich einsortieren. Trotz Freikarte und Gratis-Buch. Nun weiß aber auch jeder, dass nichts so alt ist wie die Zeitung von gestern. Das mag betrüblich sein für den Periodika-Journalisten. Dass es da eine Spezies von Leuten (nämlich vor allem die Künstler) gibt, die fast liebevoll ihre Pressemappen pflegen, sollte eigentlich die Seele dieser Schreibenden streicheln: Früher wurden Pressemappen an Veranstalter gesandt, oder man machte, wann immer möglich, offline Werbung damit. Das ist schon länger passé; es blieb das Zitieren einzelner  Passagen, der Hinweis - selbstverständlich MIT Quellen- und Autorangabe! - auf Rezensionen und Artikel über die eigene Person, die eigenen Werke. Die positive Rezension, der Bericht über die Lesung oder das Konzert: Natürlich ist man als Künstler stolz, in der Öffentlichkeit "vorzukommen".
 
Aber es gibt auch das Bedürfnis des Konsumenten, sich über den Künstler zu informieren. Und das Bedürfnis des Künstlers (ich wage zu behaupten, irgendwo auch das Recht), zu dokumentieren, was alles geschrieben und veröffentlicht wird über die eigene Person. Ich zumindest habe mich stets bemüht, einen repräsentativen Strauß zu binden und ich weiß, dass die Pressemappe auf meiner Website gern gelesen wurde. Die Zitate reichen zurück bis ins Jahr 1998, als mein erster Roman erschien, über den es mehr als einhundert Presseveröffentlichungen gab, von der FAZ bis zur lokalen Heimatzeitung. Was für ein wunderbares Potpourri! Was für eine Freude, so etwas zusammenzustellen! Eine Werbung, ich maße mir an zu sagen: auch für die, die es geschrieben haben.
 
Natürlich fragt man beim Kontakt mit dem Journalisten, ob man zitieren darf. Klar nennt man Links, wenn sie denn vorhanden sind. Gerne verweist man auf die Website von Autoren/Journalisten. Aber wie viele Artikel bekommt man erst nachträglich zu Gesicht? Wie viele bekommt man, ohne dass der Autor klar erkenntlich ist, weil er unter Kürzel geschrieben hat? Klar, das ist alles rauszubekommen. Sicher, man kann sich für alles und jedes eine schriftliche Genehmigung geben lassen. Und bei Zitaten in meinen Büchern, sofern sie nicht ganz eindeutig unters Zitierrecht fallen, mache ich das auch inzwischen konsequent. Aber bei einer Pressemappe? Bei jedem Satz-Zitat? Oder gar "für Content bezahlen"? Wie sollte das denn bitte zu verstehen sein? Ich zahle, und du schreibst gut über mich? Oder, noch diffiziler: Ich (Journalist) schreibe schon vorausschauend gut, weil sich dann die Chance erhöht, dass ich meine Rezi über den begeisterten Künstler zweitverwerten kann? Welchen Beigeschmack hat eine bezahlte Kritik? Wer mag das lesen - und vor allem: glauben?
 
Vorbei.
Ich will und kann es nicht darauf ankommen lassen.
Soeben habe ich (mit sehr wenigen Ausnahmen) alle "Pressestimmen" zu meinen Büchern gelöscht.
Natürlich kann ich ohne Pressezitate leben. Prima sogar, zumal ohnehin die "Primärstimmen", also die direkten Kommentare von Lesern, einen immer breiteren Raum einnehmen.
Trotzdem: Es ist ein Abschied, der schmerzt. Ein bisschen Friedhof, sozusagen: Was ging, kommt nicht wieder.


Wer sich näher informieren möchte - eine Zusammenstellung von Links zum Thema:

Der Zeitungsartikel über Scarlett O´, auf den ich mich eingangs beziehe:

Und hier der sehr lesenswerte Beitrag dazu auf ihrer Website:
http://www.scarlett-o.de/presse.htm

Eine Zusammenstellungen von Meinungen und Fakten zum Thema:
http://www.chanson.de/rechtliche-themen-1.html
http://www.chanson.de/recht3
http://www.chanson.de/recht1
 
Diskussionsgruppe auf Facebook:
https://www.facebook.com/groups/abmahnungen/

Eine Umfrage zum Thema:
http://www.chanson.de/survey2.html
 
 
Weitere Hinweise/Artikel zum Thema:

(Hinweis auf Abmahnung bei einem Musiker)
 
(Risiko bei Pressespiegel im Internet)

Konflikt um preisende Zitate/Verzicht von Libri auf Presserezensionen
 
Rezensionsausschnitte müssen wohl lizensiert werden (plus ein bissiger Kommentar von mir/Nr. 4)

 Und hier noch ein kleiner Zusatzkommentar zu einem Lesereintrag auf meiner Facebook-Seite:

Ganz eindeutig - und auch in meinem Blogbeitrag und dem zitierten Kommentar gemeint/gesagt: Es geht NICHT um eine beliebige Verwertung journalistischer Arbeit, sondern lediglich um diese kleinen "Appetithäppchen", also (das juristisch umstrittene) Zitieren einiger Sätze oder Auszüge. Und es geht auch nicht darum, dass das jeder darf, sondern eben speziell diejenigen, die auch (und eben auf eigene Kosten) die Grundlage bereitstellen: Freikarten, Gratisbücher für Rezensionen, Bewirtung bei Veranstaltungen, und, wohlgemerkt: OHNE dass daraus eine Verpflichtung zur Veröffentlichung überhaupt, und schon gar nicht auf eine positive, "gekauft" wird. Im schlimmsten Fall (für den Künstler) investiert er (oder seine Verwerter) Zeit und Geld, um anschließend einen Verriss zu kassieren. Ja, ich höre die Stimmen: Auch das ist Werbung. Aber sicher nicht für recht unbekannte Künstler. Für die ist es oft der Abgesang. Juristisch lässt sich streiten, ganz streng juristisch lässt sich sagen: Dieses Zitieren ist keins. Wenn das so ist, muss man die Konsequenzen ziehen, auch wenn man eine liebgewordene Gewohnheit aufgibt. Das habe ich getan. Und es gleichzeitig bedauert. Weil ich finde, dass hier beide Parteien verlieren. Man KANN nicht für eine Kritik bezahlen!! Nie!! Das wird immer den Beigeschmack von Käuflichkeit haben. Und, auch nicht zu vergessen: Es haben sich ja auch längst andere Wege eröffnet. Meine Pressemappe war eigentlich ein in die Jahre gekommenes, ein dennoch liebevoll gestreicheltes Dinosaurierchen. Jetzt ist es eben ausgestorben. Das bedaure ich. Irgendwie. Liebe Grüße!
Quelle:
https://www.facebook.com/nikola.hahn1